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an dem ganzen Fürſtenhaus in Glückſtadt, und es
kam ihr gewiß hart an, ſich von allem loszuxeißen.

Freilich ihr Herz blieb unbeteiligt — das ge-
hörte ihm. Sie konnte ihm aber doch unmöglich zu-
erſt ſchreiben!

Hans-Henning ſprang auf. Er mußte ſofort
nach Malchow. Jede Stunde, die er noch zögerte,
erſchien ihm wie ein verſäumtes Glück.

„Hilde, ich reite nach Malchow. Ich hab' was
Wichtiges mit dem Onkel zu beſprechen,“ rief er der
in der Küche beſchäftigten Schweſter zu.

Hilde ſtand an dem langen, weißgeſcheuerten
Tiſch und ſchnitt Speckſcheiben. Sie ſah überraſcht
auf. „Nach Malchow — am Vormittag? Iſt etwas
paſſiert?“

„Etwas Schlimmes nicht,“ lachte er. „Warte
aber nicht mit dem Mittageſſen auf mich.“

Eine luſtige Melodie pfeifend ging er über den
Hof und gleich darauf ritt er in kurzem Trab davon.

Eine Sekunde, wie er Hilde ſo bei der Arbeit
in der Küche ſtehen ſah, durchzuckte ihn der Ge-
danke: kannſt du Sitta ein ſolches Leben zumuten?
Aber er wies dieſe bennruhigende Frage raſch zurück.
Mit der Zeit würden ſich die Einnahmen erhöhen,
und er würde Sitta mehr Dienſtboten halten können.

Über den Feldern lag der erſte grüne Hauch der
friſch keimenden Saat. Auf den kahlen Zweigen
der Bäume ſchwatzten und lärmten die Stare. Eine
Droſſel ſaß auf der höchſten Spitze einer Linde und
flötete. Hans-Henning atmete die weiche, etwas regen-
feuchte Luft in tiefen Zügen ein. Doch die Gedanken,
Hoffnungen und Entſchlüſſe, die in ihm wogten,
ließen ſeine Stirn brennen, ſein Herz laut ſchlagen-

Im Schritt ritt er auf den Hof von Malchow.
Der alte Kröchert ſtand vor dem Kuhſtall und putzte
einen Hütjungen herunter. Er mochte ſeinem Arger
wohl etwas fühlbaren Ausdruck verliehen haben.


Der alte Kröchert fuhr herum. Dem Jungen
ſchien der Anblick des Reiters als Ablenkung hoch-
willkommen zu ſein. Er war urplötzlich verſchwunden.

„Ich ſtörte wohl gerade, Onkel?“

„Ich war ſchon fertig. Lange dauern dieſe Art
Unterredungen ja nicht.“

„Zum Glück für den, der ſie — fühlen muß!“
lachte Hans-Henning.

Der Kutſcher nahm ihm das Pferd ab. Die
Herren traten ins Haus. ;

— me Der alte
Kröchert.

„Laß ſie nur, Dirlel. Ich möchte erſt mit dir
allein reden,“ bat Hans-Henning.

Der Alte ſah ihn ſcharf an! Dann klärte ſich
ſein Geſicht plötzlich auf. Er zog den Neffen mit
ſich in ſein Arbeitszimmer. „Willſt du ein Glas
Wein trinken, Hans-Henning?“

„Danke ſehr Onkel? Fortfetzung folgt.)

N

Sperber auf der Jagd nach
Buchfinken.

Siehe das Bild auf Seite 480,)

in ſchöner Wintertag lockt uns hinaus ins Freie.

Tiefer Schnee bedeckt die Erde. Still und einfam iſt
eS in Wald und Flur. Das rege Leben der befiederten
Bewohner der Lüfte, ihr froher Geſang, der uns fo oft
erfreut hat, iſt längſt verſtummt. Nur an den Futtex-
plätzen, welche der Vogelſchutzverein angelegt hat, geht
eS etwas lebendiger zu. Dort finden wir verſchiedene
Vertreter unſerer Stand- und Strichvögel, welche den
Winter über bei uns bleiben. An einem̃ ſolchen Platze
haben ſich mehrere Buchfinken zuſammengefunden! Es
ſind lauter Männchen, denn die Weibchen ſind nach
wärmeren Ländern gezogen. Die ſchlanken, zierlichen
Tierchen ſind eifrig heſchäftigt, das ausgeſtreute Futter
aufzunehmen, da plötzlich ſchleßt aus einer Deckung, von
der aus er die Buchfinken ſchgn längere Zeit mit lüftérnem
Auge beobachtet hatte, ein Sperber hervor. Sobald die
Buchfinken ihren furchtharen Feind erblicken, ſuchen ſie
ihr Heil in eiliger Flucht. Wild funkelt das Auge des
Näubers, er ſetzhalle Kraft und Gewandheit daran, ſeine
Beute zu erhaſchen. Die Buchfinken eilen einer nahen
Hecke zu und in ihrer Todesangſt ſtürzen ſie ſich in die-
ſelbe hinein, um ſich dort zu vexſtecken, doch ihr Feind
verfolgt ſie auch dorthin, und hald hat er ein unglück-
liches Tierchen erhaſcht: mit winſelndem Geſchrei, dem

Japaniſche Feldtelegraphenſtation.

Ausdrucke ſeines Triumphes, fliegt er hinter die vorher
verlaſſene Deckung, rupft der Beute die größeren Federn
in wenig Augenblicken aus und verſchlingt fie. Der
Sperber ift ein arger Räubex, in ſeinem ganzen Ver-
halten ähnelt er dem Hühnerhabicht. Unter Umſtänden
ebenſo kühn und verwegen, ſucht er ſeine Beute möglichſt
durch Überrumpelung zu erhaſchen; jedoch verfolgt er
auch mit großer Ausdauer und Hartnäckigkeit den einzelnen
fliehenden Vogel und läßt ſich ſelbſt durch entmutigende
Hinderniſſe nicht zur Aufgabe dex Verfolgung bewegen.
So beobachtete ich einſt, daß ein von einem Sperber
verfolgter Sperling in ſeiner Todesaugſt durch das ge-
öffnete Fenſter eines Zimmers flog. Der Sperber folgte
ihm in ſeiner blinden Mordgier und bemächtigte ſich,
unbekümmert um die im Zimmer anweſenden Wenſchen,
ſeines Opfers, wurde dann aber durch das Schließen

des Fenſters gefangen. —
— —
Der Krieg zwiſchen Rußland und
Japan.
V

(Siehe das vorſtehende Bils und das Bild auf Seite 485.)
TMit der den Japanern eigenen Selbſtbeherrſchung
und Verſchwiegenheit hat die Leitung der Armee
und Flotte des oſtaftatifchen Inſelreichs ſchon vor dem

Krieg es verſtanden, alles der Kenntnis des Auslands
vorzüenthalten, was ſie als Geheimnis betrachtet wiſſen
wollte. Auch nach Ausbruch des Kriegs iſt über das
geſamte Nachrichteinweſen von ſeiten Japans die ſtrengſte
Kontrolle ausgeübt worden, um den Aufmarſch und Ddie
Bewegung der Truppen im Norden Koreas möglichſt zu
verſchleiekn. Im Verkehr der japaniſchen Iruppen-
und Schiffsfühder untereinander aber, ſowie der Haupt-
kommandoͤſtellen mit den Miniſterien, iſt der Tele-
graphendienſt muſterhaft geregelt, und viele der erfolg-
deichen Angriffe, durch welche Admiral Togo Port Arthur
und die ruͤffifche Flötte geſchädigt hat, ſowie der ge-
lungene Übergang über den Valıt, bexuhten nicht zum
wentgften auf dein vortrefflichen Nachrichtendien]t, bet
welchem auch die drahtloſe Telegraphie gute Dienſte tat.
Bei den Feldtruppen Yapans, die ſich im Norden Koreas
an Süduͤfer des Falufluſſes konzentrierten, um dann den
Übergang zu erzwingen, iſt der Telegraphendienft ge-
yade ſo eingerichtet, wie bei den enröpäiſchen Heeren.
Unſer obenftehendes Bild zeigt eine Jap aniſche Feld-
telegraphenſtation. Das andere Bild verfebht uns
nach Sbul, der von den Japanern auf friedliche Weiſe
eingenomnienen Hauptſtadt Koreas. Japani ſche
Truppen paſſiéren Söulauf dem Marſche n49
dem Jaͤlul Die Beſetzung von Söul durch Ddie Ia-
paͤner erfolgte gleich nach Aushruch des Kriegs: ſchon
am 9. Februar landeten in Tſchemulpho nach dem
ſiegreichen Seegefecht auf der Reede Des Hafens, in dem
die vufjijchen Schiffe „Warjag“ und „Koreſez“ zu Grunde
 
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