-5 40 *
Kirche diesen Charakter baulich zmn Ausdruck zu bringen. Der Rath
der Stadt verfügte über sie, wie über sein volles Eigenthum: nur die
Priester standen unter der geistlichen Leitung und Disziplin des Domstiftes.
Aus dem ursprünglich königlichen Besitz war im Laufe der Zeit (nach
einer Angabe spätestens um 1350) ein städtischer geworden; Brief und
Siegel für diesen Wechsel des Eigenthums ist wohl niemals gegeben
worden: die Stadt übernahm stillschweigend mit der Unterhaltungspflicht,
welche früher den Organen des Herrschers oblag, auch das Eigenthums-
recht an der Kapelle. Nur ein Recht an der Kapelle verblieb ungeschmälert
dem Herrscher: die in der oben erwähnten Urkunde von 1292 vorbehaltene
Verleihung des Hauptaltars, der „vicaria regalis.“ Im Jahre 1478 machte
der Rath einen Versuch, durch seine am kaiserlichen Hoflager weilenden
Gesandten, die Kollatur des Nicolai-Altars von Kaiser Friedrich III. zu
erlangen; doch führten diese Verhandlungen offenbar nicht zum Ziele.
Im Jahre 1515 erkannte der streitbare Stadtpfarrer Dr. Peter Mayer,
wahrscheinlich in Folge vorhergegangener Zwistigkeiten, den Rath als
Herrn der Kapelle an, ohne dessen Erlaubniss er weder singen noch lesen
wolle. Die Austheilung der städtischen Almosen in der Kirche, die Ver-
waltung der Einkünfte aus den Opferstöcken für das Almosen und die
Fabrik, die Anstellung der Kirchenoffizianten, Messner, Glöckner, Wächter,
die bauliche Unterhaltung der Kapelle, die Beschaffung und Instandhaltung
des Inventars1) — alle diese Geschäfte und Verpflichtungen lagen ledig-
lich dem Rathe ob. Auch die Versorgung der Kapelle mit Ornamenten
und sonstigen Bedürfnissen des Gottesdienstes liess er sich angelegen
sein: 1447 wird ein Missale der Kirche erwähnt; 1471 wird ein Maria-
Magdalenen-Heiligthum, welches der Bischof von Samland dem Rathe
verehrt hatte, einem Schranke in der Nicolai-Kapelle zur Aufbewahrung
überwiesen. Auch in die Ordnung des Gottesdienstes griff die Behörde
ein: als 1474 der Scholaster des Domstiftes, welcher das Beneficium des
Hauptaltars inne hatte, wöchentlich nur zwei statt der herkömmlichen
drei Messen las, erhob der Rath Einspruch; 1476 ordnete er Begängnisse
für die verstorbenen Stifter von Almosen an. Als 1477 der Stadtadvokat
Dr. Ludwig zum Paradies nach Rom gesandt wurde, um vom Papste die
Bestätigung einiger wichtiger Privilegien der Stadt und die Ausstellung
neuer zu erwirken, liess sich der Rath von Papst Sixtus IV. das Recht
verleihen, an der Kirche des Heiliggeist-Spitals und an der St. Nicolai-
Kapelle Weltpriester oder Ordensleute zur Vorsehung der Messen und des
sonstigen Gottesdienstes, sowie zur Predigt des Wortes Gottes anzustellen.
Bei den Aufführungen geistlicher Passionsspiele an den Pfingstfesten 1492
und 1498 und sicher auch bei sonstigen Schaustellungen auf dem Römer-
berge behielt der Rath seinen Mitgliedern die Kirche vor, welche auf 4
4 Bei den städtischen Akten Ugb C 5 Nr. 18 befindet sich ein sehr interessantes
Inventar der Kapelle aus dem Jahr 1505.
Kirche diesen Charakter baulich zmn Ausdruck zu bringen. Der Rath
der Stadt verfügte über sie, wie über sein volles Eigenthum: nur die
Priester standen unter der geistlichen Leitung und Disziplin des Domstiftes.
Aus dem ursprünglich königlichen Besitz war im Laufe der Zeit (nach
einer Angabe spätestens um 1350) ein städtischer geworden; Brief und
Siegel für diesen Wechsel des Eigenthums ist wohl niemals gegeben
worden: die Stadt übernahm stillschweigend mit der Unterhaltungspflicht,
welche früher den Organen des Herrschers oblag, auch das Eigenthums-
recht an der Kapelle. Nur ein Recht an der Kapelle verblieb ungeschmälert
dem Herrscher: die in der oben erwähnten Urkunde von 1292 vorbehaltene
Verleihung des Hauptaltars, der „vicaria regalis.“ Im Jahre 1478 machte
der Rath einen Versuch, durch seine am kaiserlichen Hoflager weilenden
Gesandten, die Kollatur des Nicolai-Altars von Kaiser Friedrich III. zu
erlangen; doch führten diese Verhandlungen offenbar nicht zum Ziele.
Im Jahre 1515 erkannte der streitbare Stadtpfarrer Dr. Peter Mayer,
wahrscheinlich in Folge vorhergegangener Zwistigkeiten, den Rath als
Herrn der Kapelle an, ohne dessen Erlaubniss er weder singen noch lesen
wolle. Die Austheilung der städtischen Almosen in der Kirche, die Ver-
waltung der Einkünfte aus den Opferstöcken für das Almosen und die
Fabrik, die Anstellung der Kirchenoffizianten, Messner, Glöckner, Wächter,
die bauliche Unterhaltung der Kapelle, die Beschaffung und Instandhaltung
des Inventars1) — alle diese Geschäfte und Verpflichtungen lagen ledig-
lich dem Rathe ob. Auch die Versorgung der Kapelle mit Ornamenten
und sonstigen Bedürfnissen des Gottesdienstes liess er sich angelegen
sein: 1447 wird ein Missale der Kirche erwähnt; 1471 wird ein Maria-
Magdalenen-Heiligthum, welches der Bischof von Samland dem Rathe
verehrt hatte, einem Schranke in der Nicolai-Kapelle zur Aufbewahrung
überwiesen. Auch in die Ordnung des Gottesdienstes griff die Behörde
ein: als 1474 der Scholaster des Domstiftes, welcher das Beneficium des
Hauptaltars inne hatte, wöchentlich nur zwei statt der herkömmlichen
drei Messen las, erhob der Rath Einspruch; 1476 ordnete er Begängnisse
für die verstorbenen Stifter von Almosen an. Als 1477 der Stadtadvokat
Dr. Ludwig zum Paradies nach Rom gesandt wurde, um vom Papste die
Bestätigung einiger wichtiger Privilegien der Stadt und die Ausstellung
neuer zu erwirken, liess sich der Rath von Papst Sixtus IV. das Recht
verleihen, an der Kirche des Heiliggeist-Spitals und an der St. Nicolai-
Kapelle Weltpriester oder Ordensleute zur Vorsehung der Messen und des
sonstigen Gottesdienstes, sowie zur Predigt des Wortes Gottes anzustellen.
Bei den Aufführungen geistlicher Passionsspiele an den Pfingstfesten 1492
und 1498 und sicher auch bei sonstigen Schaustellungen auf dem Römer-
berge behielt der Rath seinen Mitgliedern die Kirche vor, welche auf 4
4 Bei den städtischen Akten Ugb C 5 Nr. 18 befindet sich ein sehr interessantes
Inventar der Kapelle aus dem Jahr 1505.