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halb Jahrhunderte dienen musste; die Vertheilung der Almosenspenden,
welche bisher immer noch in der Kirche stattgefunden hatte, wurde in
die Räume des Almosenkastens verlegt. Aus dieser ganzen Zeit erfahren
wir nur, dass in dem grossen Unwetter am 26. November 1627 die eiserne
Stange mit dem Hahn an der Spitze vom Thunne geschleudert, und dass
bei einem Brande in der Neugasse am Abend des 6. Dezember 1707 das
Dach der Kirche durch Flugfeuer in Brand gesetzt wurde.

Erst im Jahre 1719 dachte der Rath wieder daran, die Kirche ihrer
ursprünglichen Bestimmung zurückzugeben. Im Juli wurde beschlossen,
die Messläden und das dazu gehörige Holzwerk ausserhalb der Messen in
der Kirche unterzubringen und den drei Kaufleuten, welche sie als
Waarenlager gepachtet hatten, den Vertrag zu kündigen. Am 26. Oktober
aber entschied man sich für die Herrichtung der Kirche zu gottesdienst-
lichen Zwecken; das in derselben verwahrte Archiv des Schöffengerichtes
wurde in die Maternskapelle übergeführt; der Almosenkasten und das
Bauamt wurden beauftragt, die nöthigen baulichen Herstellungen nach
einem eingereichten Bauriss vornehmen zu lassen. Bei denselben fand
man vier alte Grabsteine, den des Klaus Hochhaus aus dem Jahre 1507,
des letzten unehelichen Sprossen des bekannten Patrizier-Geschlechtes,
den des Jakob Bruder (?) aus dem Jahre 1482 und zwei weitere, deren
Inschriften nicht mehr zu lesen waren; auf dem einen war ein Geistlicher
mit dem Kelch in der Hand abgebildet — vielleicht das Denkmal des
.1349 in der Kirche beigesetzten Kaplans Peter. Dem Umbau in dieser Zeit
gehörten vermuthlich die in zwei Stockwerken übereinander errichteten
Emporen an, welche in den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts abge-
brochen wurden; die Gesammtkosten beliefen sich auf etwa 16000 Gulden.
Die Einweihung der Kirche wurde auf den 10. Dezember 1721 festgesetzt;
der dazu eingeladene kaiserliche Resident und Kommissar zu den milden
Stiftungen, Baron Wetzel, hatte die Erwartung ausgesprochen, man werde
den 6. Dezember, den Tag des heiligen Nicolaus, dazu bestimmen, doch
befürchtete der Rath offenbar, damit den katholischen Anschauungen zu
weit entgegenzukommen. Die Einweihung geschah in feierlicher Weise
unter Mitwirkung der Kirchenkapelle und in Gegenwart der Scliolarchen
und des gesammten Predigerministeriums ; dessen Senior Dr. Pritius legte
seiner Weihepredigt die Worte I. Mos. XXVIII, 17—19: „Wie heilig ist

diese Stätte“ etc. zu Grunde. Nach dem Abendmahl wurden zwei Ehe-
paare getraut und ein Kind getauft. In der Kirche wurde aber fortan
nur I reitag und Sonntag Nachmittag Gottesdienst abgehalten, das Abend-
mahl nur viermal jährlich gefeiert, wobei ein Geistlicher des Ministeriums
predigte; für gewöhnlich predigten hier nur die am Armenhause ange-
stellten Kandidaten; zu den sonntäglichen Gottesdiensten wurden auch
die Soldaten der städtischen Garnison befohlen. Da auch keine besonderen
Geistlichen an der Kirche angestellt wurden, so diente sie bis auf weiteres
nur als Nebenkirche. Die Kirchenstühle wurden wie bei den anderen
 
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