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Gisilbert von Friedberg in der Weissfrauen-Kirche zwei Vikarien, die
der heiligen Maria und die der heiligen Maria Magdalena, stifteten; die
Zahl der Altäre war anscheinend drei: der allen Heiligen geweihte Hoch-
altar im Chore, der Altar des heiligen Nicolaus und der der heiligen Dorothea,
auch dem heiligen Kreuz, der Jungfrau Maria und dem Evangelisten
Johannes gewidmet, beide unter dem Patronate der Familie von Holzhausen;
ein Altar der heiligen Maria Magdalena Glauburgschen Patronates scheint
erst nach dem Umbau Ende des XV. Jahrhundert errichtet worden zu
sein. Aus den Jahren 1318 und 1323 sind Abmachungen zwischen den
Stiften zu St. Bartholomaei und zu Maria und Georg überliefert, in denen
für gewisse Festtage auch in der Kirche der Peuerinnen gemeinschaftliche
Gottesdienste vorgesehen werden. Das nächste Ereigniss von Bedeutung
für die Kirche ist die grosse Ueberschwemmung am Tage der heiligen
Maria Magdalena des Jahres 1342: sieben Fuss hoch soll damals das
Wasser in der Kirche gestanden haben. An diese Schreckens vollen Tage
erinnert die alte Inschrift in gothischen Minuskeln, die heute noch an der
äusseren Südwand der Kirche angebracht ist: ,,A0' • m° • ccc° • xlii * in • pro-
festo • Magdalene • inundavit • Mogonus • et • senatus • populüsque • Franck-
fordensis • voto • me • frequentat“; sie gedenkt in ihren Schlussworten der
grossen Prozession am Marien-Magdalenen Tage, dem 22. Juli, welche unter
offizieller Theilnahme des Käthes bis zur Keformationszeit gehalten wurde
und bei welcher die Kirche der Heiligen natürlich als Hauptstation diente.
Was wir sonst über die Kirche aus der Zeit vor dem grossen Umbau am
Ende des XV. Jahrhunderts wissen, beschränkt sich auf dürftige Notizen
über die Altäre und deren Patronate, sowie auf die Namen der Altaristen.

Der Grund des Umbaues, ob die Baufälligkeit des alten Hauses oder
das Bediirfniss nach grösseren Räumlichkeiten für den Gottesdienst, ist uns
nicht bekannt. Es sei darauf aufmerksam gemacht, dass die mit der Weiss-
frauen-Kirche damals vorgenommene bauliche Veränderung ein weiteres
Glied in der reichen Kette der damaligen Kirchenbauten in unserer Stadt
bildet; diese gesteigerte kirchliche Baulust, zu deren Kosten auch die
Laienwelt stark in Anspruch genommen wurde, lässt auf einen gewissen
Wohlstand bei Clerus und Bürgern schliessen, den die im Allgemeinen
sicheren Verhältnisse in der Politik und der daraus entsprungene Auf-
schwung in Handel und Gewerbe gezeitigt hatten.

Ueber den Umbau selbst und seine einzelnen Phasen besitzen wir
das von dem Klosterbeamten Konrad Bender darüber geführte Rechnungs-
buch1). In diesem Verzeichniss sind die einzelnen Zahlungen für Bau-
materialien und Arbeitslöhne nach den dabei betheiligten Handwerken,
nach den gekauften Materialien, nach einzelnen Theilen des Baues und
innerhalb dieser Gruppen ■ chronologisch aufgeführt, also nicht wie in
den gleichzeitigen Rechnungen der Domfabrik und in dem Rechnungs-

1) Weissfrauen-Bücher II, 2 des Stadtarchivs.
 
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