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Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste — 4.1758/​1759

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Vierten Bandes zweytes Stück
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Mendelssohn, Moses; Wieland, Christoph Martin [Oth.]: [Rezension von: C.M. Wieland, Lady Johanna Gray, ein Trauerspiel. Zürch, 1758]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63470#0410

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Zoo Lady Johanna Gray,
ihrem ersten Ursprünge an, durch eine einfache Folge
von Ursachen und Wirkungen, bis zum Ende ausge-
führt werden kann. Will aber der Dichter eine sol-
che Begebenheit ohne Episoden für die Schaubühne
zurichten; so muß er den historischen Ursprung weg-
lassen, und seine Geschichte da anfangen, wo sich
das Hauptinteresse des Stückes hervorzukhun be-
ginnt. Die Einfalt der Tragödie erfordert nicht nur
eine einzige Geschichte; sondern auch vornehmlich ein
einziges Hauptinteresse. —Dieses vorausgesetzt, muß
ein jeder gestehen, daß der Tob Edwards, und die
Krönung der Johanna, womit der Dichter zween
ganze Aufzüge anfüllet, nicht eigentlich zur tragi-
schen Simplicität gehören. Sie machen den histo-
rischen Ursprung der Begebenheit aus, und schaden
noch vielmehr dem Interesse des Stückes. Denn
was braucht der Zuschauer zu wissen, daß Edward
nur heute gestorben, und Johanna kaum eine kö-
nigliche Ephemeris gewesen? Der Dichter hätte da
anfangen sollen, wo Johanna von dem Ausgange
der Schlacht ihr Schicksal erwartet. Hier nimmt
die große Handlung ihren Anfang. Alles vorherge-
hende, welches eigentlich nur darinn besteht, daß
Johanna ungern den Thron bestiegen, hätte in ei-
nem einzigen Auftritte erzählt werden können. Der
Zuschauer würde an dem Schicksale der Johanna
weit mehr Antheil nehmen, wenn er nicht wüßte,
daß ihre königliche Würde gleichsam ein Traum von
einigen Stunden gewesen, und wenn der Dichter in
der einfachen Glücksveränderung der Johanna
Stof genug gefunden hätte, die Aufmerksamkeit der
Zuschauer durch fünf Aufzüge zu erhalten; alsdenn
hätte
 
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