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Weber, Paul [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 5): Kreis Herrschaft Schmalkalden: Textband — Marburg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.12581#0048

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Trachten.

Zipfel- und die Pelzmütze. Der Deckel der letzteren bestand aus Tuch oder Samt und war mit
einer Troddel geziert.
Tafel 16, Bei festlichen Gelegenheiten wurde der lange Hochzeitsrock, der „Bratenrock“, aus schwarzem
Tuch mit schweren Zinnknöpfen angezogen. Den weißen, losen Hemdkragen umschloß ein schwarzes
oder buntes seidenes Tuch. Dazu wurde auch ein schwarzer Zylinderhut aufgesetzt, wie ihn noch
heute in Steinbach-Hallenberg die Knaben bei der Konfirmation tragen.
Die Frauen trugen ehemals ein ärmelloses, auf den Achseln mit Bändern zusammengehaltenes
Hemd, zu welchem als „Tanzhemd“ 12 Ellen Leinwand nötig waren. Darüber ein bis zur Hüfte
Tafel 15,3 reichendes kurzes Hemd, das „Mieder“, mit langen weiten Ärmeln, die bis über die Ellenbogen
aufgestreift wurden. Das Bruststück des „Mieders“ war mit dem Namen der Inhaberin und oft
mit Stickereien und Besatz, den sogenannten „Mausezähnen“, verziert. Das Mannshemd war aus
selbstgesponnener Leinwand angefertigt und mit langen Bündchensärmeln versehen.
Auf das weiße leinene „Mieder“ der Frauen kam das „Obermieder“ mit kunstvollen Stickereien
in mannigfaltigen Farben. Dieses endigte am unteren Rand mit einem gewöhnlich mit Werg aus-
gestopften Wulst. Oft waren hier auch kleine Kissen angebracht zum Tragen der schweren wollenen
Röcke. Das „Schnürmieder“, aus Tuch mit Bandbesatz, wie es sich in Thüringen vielfach findet,
Tafel 15, i kam in der Herrschaft Schmalkalden nur in Brotterode vor. Der umfangreiche, faltige, in früheren
Tafel 17 Zeiten aus selbstgesponnener Wolle verfertigte Rock in blauer, grüner oder schwarzer Farbe, je
nach den Festen und Dörfern, ist ein uraltes Stück der ländlichen Tracht. Bei der Arbeit hatte
man einen Rock aus Beiderwand, einem Stoff, bei dem der Aufzug aus Leinen, der Einschlag aus
Wolle war, meist von grünlichgrauer Farbe. Über den Rock spannte sich die faltige, bunte Schürze,
und über das blütenweiße „Mieder“ bauschte sich das farbensprühende, von der Farbenfreudigkeit
der Alten zeugende Brusttuch mit reichem Fransenbesatz. Weiße Strümpfe, absatzlose Halbschuhe
aus Leder oder Plüsch, sogenannte „Kommoden“, vervollständigten den Anzug, zu dem noch der
bei kaltem Wetter, bei festlichen Gelegenheiten usw. umgehängte Mantel, der „Hockemantel“,
Tafel 17, i gehörte.
Als Kopfbedeckung kommen die zuckerhutförmige Haube und der Kopflappen in Betracht.
Tafel 15, i Letzterer, der „Haitlappe“, ist ein dunkles oder farbiges Tuch, das einem bestimmten Zweck ent-
und 17, i sprechend aus Seide oder Kattun, gewöhnlich aber aus Wolle besteht. Er wird turbanartig, breit
oder schmal, um das hochgekämmte, zu einem runden Nest gesteckte Haar geschlungen. Junge
Frauen und die Mädchen tragen in zwei Ecken mit bunten Blumen geschmückte „Haitlappen“.
Diese werden dann so um den Kopf gelegt, daß der Knoten über der Stirn zu liegen kommt und
die beiden bunten Ecken sichtbar werden. Jedes Dorf hat, was Farbe, Stickerei und die Art des
Bindens anbelangt, seine besonderen Eigentümlichkeiten. Der „Haitlappe“ wird heute nur noch
von älteren Frauen, aber fast nicht mehr von Mädchen getragen.
Tafel 15, Ähnliches findet man auch bei der Haube, die bei den jungen Mädchen mit bunten, bei den
Frauen mit schwarzen Bändern geziert war. Besondere Sorgfalt legte man auf den Deckel (Mützen-
stück), der bei den Frauen weiß und bei den Mädchen bunt war. Außer in Brotterode, wo die um-
Tafei 17, gestülpte napfförmige Mütze zu Hause ist, wird in der Herrschaft überall die zuckerhutförmige
Haube getragen.
Das Landvolk hat es von jeher verstanden, in die Tracht eine von tiefem Gemüt zeugende
Versinnbildlichung der Farben zu legen, entsprechend den Lebensaltern oder der besonderen
Veranlassung. Dieser Umstand verdient besondere Aufmerksamkeit. Der weiße „Tauflappen“,
mit dem man den im „Hockemantel“ zur Kirche gebrachten Täufling bedeckte, war blendend
weiß, meist von durchbrochener Arbeit und mit Stickereien versehen; unter demselben breitete
man außerdem ein buntes seidenes Tuch aus.
Die Pate („Dode“), welche das Kind aus der Kirche in das Elternhaus trägt, war einst mit
dem sogenannten hohen Kranz geschmückt. Dieser war eine Krone aus bunten Bändern, Flitter,
Silberdraht und Perlen. Bei der Konfirmation und dem ersten Gang zum heiligen Abendmahl
 
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