Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Weber, Paul [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 5): Kreis Herrschaft Schmalkalden: Textband — Marburg, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12581#0049

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Trachten.

29

erhielt das Mädchen die mit buntem Deckel und farbigen Bändern versehene Haube. Auf derselben
befand sich eine aus Bändern (Oberziehhaubenband) gesteckte weiße „Oberziehhaube“. Den blauen
Rock bedeckte die bunte faltige Schürze, deren Stoff und Farbe mit der Jacke übereinstimmte.
Ferner trug das Mädchen fortan auf Festlichkeiten als besonderes Kennzeichen den „Nünstel- Tafel 17,2
zöpfel“, solange es noch Jungfrau war.
Die Frauen ziehen beim heiligen Abendmahl über die dunkle Tuchhaube eine weiße, mit
Blumen durchwirkte duftige Haube, die „Ziehhaube“, und tragen hierbei wie auch bei Leichen- Tafel 16,
3 u 4
begleitungen einen schwarzen, mit schön gelegten Falten im Rücken und mit einem steifen Kragen
(„Kappe“) im Nacken versehenen Mantel. Bei Beerdigungen bindet man über die schwarze Haube
einen weißen, mit Längsfalten versehenen Trauerschleier.
Als Schmuck dienten früher Perlenschnüre und Silberfiligranketten mit Henkeldukaten
in feiner Ausführung.
Heute besteht die Tracht, das „Gewand“, aus Jacke, bunter Schürze und wollenem Rock,
welcher mit einem breiten Streifen Tibet oder Seide besetzt ist. Außerdem werden bei der Feld- Tafel 17,
5 u. 6
arbeit die weiten, oft mit bunten Bändern und Blumen geschmückten Strohhüte, Schuten, getragen.
Einen ganz besonderen Anzug trug die „Flitterbraut“ in Brotterode. Über das mit bunter
Seide durchwirkte „Sürkismieder“ wurde die weit ausgeschnittene, mit Goldstreifen verzierte
und mit einem roten Latz versehene Jacke gezogen. Dazu kamen ein schwerer schwarzwollener Tuch-
rock, weiße Strümpfe und Hackenschuhe. Eine aus Goldfiligran gearbeitete Kette mit Henkel-
dukaten zierte den Hals der Braut. Als Kopfputz waren die beiden von rotgeblümtem Seidenband
umschlungenen Zöpfe in Schleifen geordnet, dazu war das ganze Haar über und über mit Flitter-
band eingehüllt, welches im Nacken mit einer rotseidenen Bandrosette, dem „Ankebusch“, ver-
bunden war. Über das Ganze erhob sich die „Krone“, hergestellt aus Silberdraht, Perlen und Flitter.
An der rechten Seite hing an einer langen roten Schleife das Taschentuch, das in der Ecke die An-
fangsbuchstaben des Brautpaares enthielt; die Schleife war an einer über die Schultern geschlungenen
Kette befestigt.
Der Schmalkalder Chronist Geisthirt schreibt in seiner Historia Schmalkaldica (1734)
von der Tracht in Brotterode (1,136): „Was besonders hat dieser Ort vor andern in der Herrschaft
Schmalkalden in der Tracht der Weiber, welche etwas seltsam anzusehen. Denn das Haupt ver-
hüllen sie mit einer Haube von Pelz, auch mitten im Sommer mit unterlegter weißer Leinwand,
das Gesicht mit einem weißen Schleier, daß nichts als die Augen, Nase und Mund frei ist. Den
Oberleib bedecken sie mit einem sehr kurzen Brustwämschen zugeschnürt, am untern Leib tragen
sie einen sehr langen, gefalteten, etwas aufgeschürzten Rock, den sie Sürkes nennen. Ihre Beine
sind von der Kniescheibe an bis an die weit ausgeschnittenen Schuhe mit dicken, von weißer Wolle
verfertigten Strümpfen, die sie Hosen nennen, versehen, so daß derjenige, welcher dergleichen
Bild am ersten erblickt, meinen sollte, er sähe einen Popanz. Obgleich die Mannspersonen sich nach
der Mode richten, so bleiben die Weiber meistenteils unveränderlich bei ihrer Tracht.“
In der Stadt Schmalkalden hatte man früher die „Tukkartsmütze“ aus schwarzem Atlas
mit Stirnschneppe, hinten mit vielen in die Höhe stehenden Schleifen. Die Bürgerfrauen trugen
beim Kirchgang eine Haube aus blauem Stoff mit Schleifen und weißer Spitzenumrahmung. Dann
gab es noch ein Häubchen mit Schneppe, golddurchwirkt, reich an goldenen und silbernen Schnüren.
 
Annotationen