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Blümel, Carl; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Griechische Bildhauerarbeit — Berlin, Leipzig, Band 11.1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.42528#0019
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Werkzeuge und ihre Anwendung im fünften Jahrhundert

leicht geschehen, daß man eine spätere Verletzung der Oberfläche mit einem solchen
Versehen des Bildhauers verwechselt.
Und doch kennt auch die archaische Marmorplastik eine weitgehende Ver-
wendung des Schlageisens, aber mit der besonderen Absicht, feine und zierliche
Haarsträhnen oder reiche ornamentale Zickzackfalten wie ziseliert erscheinen zu
lassen. Das wäre mit dem Spitzeisen nicht zu leisten, es würden leichte Unregel-
mäßigkeiten sich nie vermeiden lassen, hier ist die feine gerade Schärfe des Schlag-
eisens angebracht und wird auch immer angewendet.
Der Künstler geht dann noch weiter und kann sogar gelegentlich ein Rund-
eisen Taf. i c verwenden, das mit seiner abgerundeten Schneide schräg zum Stein
angesetzt lange, runde Furchen zieht wie bei den feinen gleichmäßigen Faltenwellen
eines archaischen Chitons x). Nie aber würde er mit einem solchen Eisen an nackte
Teile des Körpers herangehen, diese Arbeit wird ausschließlich mit Spitz- und Zahn-
eisen geleistet.
Alle diese Angaben gelten natürlich nur für Marmorskulpturen, ein weicher
Kalkstein ebenso wie der griechische Poros fordern wie das Holz ein Schneiden mit
einem scharfen Instrument. Bei einer Bearbeitung mit dem Spitzeisen würden
diese Gesteine so unregelmäßig splittern, daß keine Form zu erzielen wäre. So haben
Ägypter wie Griechen diese weichen Steine Taf. 2 a nur mit dem Schlageisen be-
arbeitet.
Die frühklassische Skulptur bringt keine Änderung in der Verwendung dieser
Werkzeuge. Das unfertige Köpfchen vom Delion auf Paros Nr. 8 Taf. io a, b steht
kurz vor seiner Vollendung und weist nur Spitzmeißelspuren auf. Dagegen sind die
fein gedrehten Haarringe und Löckchen des fertigen Köpfchens Taf. io c, d von
derselben Insel sicher mit einem sehr scharfen Schlageisen gearbeitet. Der vor-
züglich gearbeitete äginetische Torso Nr. 9 Taf. 11 wurde ebenfalls nur mit dem
spitzen Eisen gemeißelt. An dem kleinen Torso eines vorgebeugten Mannes Taf. 12
im Nationalmuseum2) geht auf der unfertigen Rückseite die Spitzmeißelarbeit
unmittelbar in die geglättete Oberfläche über, nicht eine Spur des Schlageisens läßt
sich feststellen. Auch die Olympiaskulpturen bieten mit ihren unfertigen Rück-
seiten dasselbe Bild Taf. 16 a, b. Allerdings müssen die drei Ersatzstücke der liegenden
Figuren im Westgiebel, die aus pentelischem Marmor gearbeitet sind, bei 'der Be-
trachtung zunächst ausscheiden, weil ihre Technik eine andere ist; sie sollen in einem
späteren Abschnitt untersucht werden.
Die Olympiaskulpturen sind im Steinbruch nur eben als Blöcke hergerichtet
worden, die Rückseite des hockenden Knaben E im Ostgiebel zeigt deutlich die
überaus rohen und harten Spitzmeißel- oder Hammerhiebe der ersten Zurichtung.
Ein großer Teil der übrigen Figuren hat eine gerade Abarbeitung der Rückseite
erhalten, um sie tief genug in das Giebeldreieck hineinrücken zu können. Auch
diese Arbeit ist verhältnismäßig grob mit dem Spitzmeißel ausgeführt, aber doch

0 Vergl. Dickins, Catal. of the Acropolis Museum arch. Marmorskulpturen Taf. 1 u. 2, 11.
I 207 Nr. 671, 223 Nr. 679. Schräder, Auswahl Kastriotis,GlyptaNr. 2324. Inst. Phot. N. M. 1170.
 
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