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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0140

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118

II. Teil. Die Sternbilder in den neuen Texten.

(207 sqq.) und Manilius (V 364) das himmlische Pferd ausdrücklich
geflügelt; bei Ptolemaios sind auch Sterne in die Flügel verlegt, und
der Farnesische Globus zeigt wie die Einzelbilder unserer Hss das
Pferd mit Flügeln.1)

Eigentümlich liegt die Sache in den Katasterismen. Die Epi-
tome fügt zu der Arateischen Sternsage hinzu; dafs c andere' im
Pferde den Pegasos sehen, der nach dem Sturz des Bellerophon zu
den Sternen hinaufgeflogen sei: bia öe tö uf] e'xeiv TTTCpufac dm-
Öavov boxe! na ttoiciv töv Xötov. Robert (p. 120) hat aus dem
Fehlen dieser Stelle in den Germanicusscholien und bei Hvgin ge-
schlössen, diese Worte müfsten ziemlich jungen Ursprungs sein. Ich
glaube nicht, dafs das der Fall ist, Sie stehen nicht nur in der
kürzeren, sondern auch in der ausführlicheren Form der Epitome, die
wir jetzt griechisch (ed. Rehru, Eratosth. Catast. fragm. Vatic, Progr.
Ansbach, vgl. p. 4) und lateinisch (Maass Commentarii, s. p. 219, 7)
besitzen; da diese lateinische Übersetzung nach Maass p. XLII un-
gefähr zwischen 630 und 730 entstanden sein rnufs, so könnte es
jedenfalls kein Byzantiner gewesen sein, der diesen Zusatz gemacht
hätte. Aber ebensowenig kann er in die Katasterismenepitome ge-
kommen sein, sobald diese mit Bildern geschmückt wurde, sei dies
nun von Anfang an oder erst später geschehen: demi sowohl die
Bilder der griechischen Überlieferung im Vatic, 1087 wie die der
lateinischen (vgl. Thiele p. 155—162) zeigen ein Pferd mit Flügeln2);
wie hätte also der Verfasser dieses Einschubs kategorisch erklären
können, das Pferd sei ungeflügelt, wo er doch eine Abbildung mit
Flügeln vor sich hatte? Allein mir scheint auch aus dem Inhalt
des angeblichen Einschubs hervorzugehen, dafs er alten Ursprungs ist.
Wie schon vorhin bemerkt, stellt man sich schon zur Augusteischen
Zeit das himmlische Pferd ganz allgemein geflügelt vor und so geht
es durch Ptolemaios — vielleicht sogar schon vor ihm — auch in
die wissenschaftliche Astronomie über. Wie soll da ein nachchrist-

1) Das gehört also zu den Differenzen des Farnesischen Globus gegenüber
Hipparch; vorausgesetzt, dafs er nicht in dem Sternkatalog doch schon die
Flügel hinzugefügt hat.

2) Für den Vaticanus gr. 1087 weifs ich das durch Flehms freundliche Mit-
teilung, auch auf der Planisphäre dieser Hs (Taf. I) ist der Pegasos geflügelt.
Für die lateinischen Handschriften, abgesehen von den Münchenern, rnufs ich
es wohl oder übel daraus schliefsen, dafs Thiele von einer Besonderheit dieser
Handschriftenklasse in der Darstellung des Pferdes nichts bemerkt. Es zeigt
sich auch hier, wie nötig eine noch so kurze Beschreibung aller Bilder in sämt-
lichen Hss gewesen wäre.
 
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