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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0271

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214 II Teil. Die Sternbilder in den neuen Texten.

Stelle wirklich zu lesen ist. Was nun die Ursache betrifft, aus dei
an Stelle jener Gestalt aus der Androniedasage hier zum erstenmal1)
eine andere Deutung zu finden ist, so kann vielleicht ägyptischer
Ursprung vorliegen, etwa so, dafs man in diesen Sternen die Necheb,
die Göttin von Eileithyiaspolis, thronen liefs. Möglich aber ist auch
der Einflufs irgend einer uns unbekannten griechischen Sternsage,
deren Urheber vielleicht durch die ausgestreckten Arme der Kas-
siopeiafigur an die in ähnlicher Haltung2) abgebildete Eileithyia er-
innert wurde. Auch eine dritte Möglichkeit darf kurz angedeutet
■ werden. Am babylonischen Himmel soll es einen 'Stern (oder Stern-
bild) der schwangeren Frau' (Hommel Aufs. S. 413)3) geben; es
wäre denkbar, dafs der Sternbildname Eileithyia, der die Göttin der
Schwangeren an den Himmel versetzt, aus eben jenem babylonischen
Sternnamen hervorgegangen ist. Entscheiden läfst sich hier noch gar
nichts. Hinzufügen will ich aber noch, dafs die doppelte Verwendung
des gleichen Götternamens für zwei verschiedene Sternbilder jeden-
falls auf ägyptischem Boden nichts Anstöfsiges hat: Isis ist in Dendera
als Sothiskuh, als sitzende Göttin unter der Jungfrau und als das
aufrechtstehende Nilpferd verkörpert und residiert, wie schon oben
(S. 209) bemerkt wurde, in mehr als einem Dekan, sogut wie Horos
oder Hapi.

Kehren wir nach dieser Abschweifung wieder zu Isis und Horos
zurück, so scheint es nach allen Zeugnissen — Teukros, Kataste-
rismen, Avien — zweifellos, dafs man diese Gestalt des Himmels-
bildes von Dendera wirklich mit der griechischen Jungfrau zu identi-
fizieren hat, wenn ihnen auch wohl nicht alle Sterne durchaus gemein
waren.4) Allein ist das Sternbild der Isis mit dem Horosknaben
wirklich alte ägyptische Erfindung, oder ist sie nicht vielmehr erst

1) Die einzige sonstige Spur, dafs Eileithyia auch ein Sternbildname war,
ist zu finden bei Hephaistion von Theben I 24 p. 99, 10 Eng. (auch in Wachs-

/H^.rauths Lyd. de ost.3 p. 169, (5). Dort wird ein Komet aufgeführt (der Ort am
^'Xy ^11 Himmel, wo er auftauchte, ist leider nicht angegeben), öc KaAeixat 6iÄei6uiac,
^ ^^"^Kopric e'xtuv -rrpocurrrov. Der Name rKoniet der Eileithyia' scheint mir darauf
^° J^T^J^^ hinzuweisen, dafs er aus einem Eileithyia genannten Sternbild kam; ähnlich
0\ £A- b-/*- wie c|er \m grofsen Bären (ägyptisch Typhon) erschienene Komet Typhon hiefs.
^' Vgl. oben S. 164.

2) Vgl. Baur a. a. 0. 505.

3) Hommels Beweis, dafs dieser Stern der schwangeren Frau gleich den
Pleiaden sein müsse, ist ganz hinfällig.

4) Über das Bedenken, dafs dann das Sternbild der Jungfrau auf den
Bildern von Dendera zweimal vorkommt, in griechischer und ägyptischer Gestalt,
wird am Schlüsse dieses ganzen Abschnittes die Rede sein.
 
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