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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0274

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X. Die ägyptischen Sternbilder bei Teukros, Antiochos und Valens. 215

als eine von Griechen gebildete Sternsage zur Deutung der sonst
Dike oder Demeter oder ähnlich genannten virgo caelestis von den
Ägyptern in ihre spätesten Hhnmelsbilder aufgenommen worden?

Die Antwort auf diese Frage wäre sogleich gegeben, wenn
Gensler in den thebanischen Sternaufgangstafeln aas dem 13. oder
15. Jahrhundert v. Chr. mit Recht das Wort menat als cdie Säugerin'
(er dachte an ein weibliches Säugetier) verstanden hätte1): das würde
ja wohl die xpe'cpouca sein können. Allein diese Ubersetzung ist
sprachlich unhaltbar; Brugsch2) erklärt menat als das Attribut der
Nilpferdgöttin, einen Schiffspflock, auf den sie sich noch auf dem
Rundbilde von Dendera stützt. Den Namen Reret der Nilpferdgöttin
selber, in deren Gestalt Isis den als Stier oder Stierschenkel darge-
stellten Set-Typhon an der Kette hält, hat Lepsius3) als die Säugerin
gedeutet: allein Reret heifst nur das fweibliche Nilpferd'.

Auf älteren Himmeldarstellungen ist also von Isis mit dem Horos-
knaben nichts zu finden. Allerdings hat aber der Mythus von Osiris, Isis,
Horos und Typhon auf die Nomenklatur schon der ältesten astrono-
mischen Denkmäler in Ägypten einen aufserordentlichen Einflufs geübt.
Die Gruppe der Isis als Nilpferdgöttin; die den Stier oder Stier-
schenkel, d. h. Set an der Kette hält, während ein sperberköpfiger
Horos mit der Lanze auf ihn eindringt, ist schon im Grab des Königs
Seti, im Ramesseum und in einem andern Königsgrab zu Theben
abgebildet4), und in einer mehrfach wiederholten Stelle der theba-
nischen Königsgräber wird die Deutung des Nilpferds als Isis, des
Stierschenkels als des Set ausdrücklich gegeben.0) In dem nämlichen
Text erscheint auch Sah = Orion, der nach Maspero6) schon in dem
Grab des Königs Seti als Osiris aufgefafst wird. Neben diesem Ge-
stirn steht die Sothis, deren Auffassung als Isis, was keines Beweises
bedarf, alte ägyptische Lehre ist. So sind die Götter des Osiriani-
schen Kreises am Nord- wie am Südhimmel der ägyptischen Sphäre
herrschend. Es scheint also, soweit mir darüber ein Urteil zusteht,
ganz im Zuge der rein ägyptischen Entwicklung zu liegen, wenn
auch das Bild der Isis mit dem Horosknaben an den Himmel versetzt
wurde-, wie früh oder wie spät das geschehen ist, kann ich allerdings

1) Vgl. in den Tabellen am Ende seiner Schrift fDie thebanischen Tafeln
stündlicher Sternaufgänge' (Leipzig 1872) No. XXII—XXIV.

2) Thesaurus p. 130 f.; Ägyptol. S. 343.

3) A. a. 0. S. 108, 2.

4) S. die Zeichnungen in Brugsch Th.es. p. 124 f.

5) Text und Ubersetzung ebenda p. 121 f.

6) A. a. 0. p. 264.
 
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