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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0275

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216

II. Teil. Die Sternbilder in den neuen Texten.

nicht sagen. Ganz ausgeschlossen schiene es mir nicht, dafs, ähnlich
wie der in den gleichen Kreis gehörende Anubis offenbar erst durch
den griechischen Hundsstern zu einer Konstellation wurde, so auch
die Isis mit dem Knaben erst nach der Übernahme der Jungfrau des
babylonischen oder griechischen Tierkreises an den Himmel versetzt
wurde.

Sicher unmöglich dagegen wird angesichts der Tierkreisbilder von
Dendera der astronomische Mythus griechisch-litterarischer Herkunft,
den E. Maafs in den Analecta Eratosthenica p. 136 aus Isis-Jungfrau
und Anubis-Sirius zu rekonstruieren gesucht hat. Als ein Gegenbild
zu der trauernden Ikariostochter Erisfone und dem winselnden Hund
Maira soll Leon, qui res Aegyptiacas scripsit, ein Autor aus leider nicht
näher bekannter Zeit, den Hygin II 20 für eine ägyptisch-griechische
Sage anführt, den Mythus von der um ihren Gatten trauernden Isis mit
ihrem Gefährten, dem latrans Anubis, an den Himmel versetzt haben.
Dafs dieser Katasterismus nicht ägyptisch sei, sondern geradezu von
einem Verkleinerer der ägyptischen Götter herrühren müsse, als welcher
sich Leon bei Hygin erweist, hat Maafs aus der darin sich offen-
barenden Mifsachtung der herrschenden ägyptischen Meinung ge-
schlossen, die Isis nur im Sirius oder im Mond verkörpert sehen
wollte. Aber die Annahme, die Ägypter hätten die Isis nicht auch
noch in andern Sternbildern gesehen, ist, wie eben gezeigt wurde,
unrichtig; also fällt jeder Grund weg, an Leon zu denken. Aber
auch der Vergleich mit der Erigonesage ist unhaltbar. Denn Isis
ist nicht, was Maafs durch den geringen Glanz der zugehörigen Sterne
angedeutet schien, als Trauernde dargestellt, sondern als Mutter mit
dem Knaben. Auch der Katasterismus des Nils kann nicht mehr
auf dieser Basis erklärt werden, da ein Grund, den Anubis-Sirius als
den 'wütenden' anzusehen, gegen dessen Gluten der Nil seine er-
frischende Flut bringe, nicht mehr vorhanden ist, wenn Isis nicht
als Trauernde, sondern als thronende Mutter dargestellt war.

7. Der Dekan mit den Lampen.

Diese Gestalt kommt nur in einem einzigen Texte vor, in V1,
einem Exzerpt aus dem zweiten Teukrostext, das trotz seiner Kürze
doch einigemal reicher ist als die längeren Exzerpte P und L:

trp öckccvöc uexd XauTT&öujv.

Die Zugehörigkeit dieser Gestalt zur ägyptischen Sphäre ist gewifs.
Nur diese hat die 36 Dekane personifiziert: alle andern Dekan-
 
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