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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0436

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XIII. Die Sphaera graecanica und die Sphaera barbariea des Nigidius. 361

Weiter nimmt Swoboda an (p. 48), die Griechen hätten sich haupt-
sächlich an die Astrologie nach Art der Chaldäer. also, wie er meint,

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an die Planetenastrologie, behalten, und diese sei daher von Nigidius

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als die Astrologie nach Art der Griechen, als sphaera graecanica,
bezeichnet worden. Die Fragmente sagen nun freilich nichts darüber,
dafs Nigidius hier Astrologie gelehrt habe. Aber wenn wir das auch
zugeben — die Anzeichen, die dafür sprechen, werden gleich unten
entwickelt werden — und weiter glauben wollen, es habe wirklich
jener Unterschied zwischen chaldäischer und ägyptischer Astrologie
bestanden und man habe die chaldäische Astrologie zur Abwechslung
auch einmal (und zwar gerade im Gegensatz zur barbarischen!) die
griechische genannt, und wenn wir endlich uns noch vorstellen, dafs
dieser Gegensatz der Teilung von Nigidius' Werk zu Grunde gelegen
habe: so mufsten im ersten Teil, der Sphaera graecanica. die Planeten,
im zweiten, der Sphaera barbariea, der Tierkreis behandelt worden
sein. Folglich müfste alles, was beim Germanicusscholiasten und bei
Ampelius steht, aus der Sphaera barbariea stammen. Aber da es
Swoboda dabei — er sagt nicht, weshalb — offenbar nicht ganz
geheuer ist, so hilft er sich auf originelle Weise. Er versetzt in die
Sphaera graecanica nur die Astrologie der Planeten, aber auch eine
astronomische Einleitung, die nicht nur über die Planeten, sondern
auch über den Zodiacus und die ihn betreffenden Sternsagen gehandelt
habe; und in die Sphaera barbariea zwar die Astrologie des Zodia-
cus und der TrapavaxeXXovxa, aber eine ausschliefslich über die rrapa-
vaxeXXovxa handelnde astronomische Einleitung. Einer Widerlegung
bedarf diese widerspruchsvolle Hypothese wohl nicht; der mühselige
Aufbau ist ein Kartenhaus, das ganz von selbst zusammenbricht.

5. Ich habe oben schon gesagt, dafs die Fragmente der Sphaera
graecanica und barbariea des Nigidius von astrologischer Anwendung
durchaus schweigen. Und dennoch möchte man aus mehr als einem
Grunde eine solche Annahme für nahezu notwendig erklären. Nigi-
dius war als Kenner der Astrologie wie anderer Dinge, quae a natura
involutae videntur, seinen Zeitgenossen wie den Späteren bekannt. Er
hatte nach Cassius Dio 45, 1 dem Oktavianus bei der Geburt die
Weltherrschaft aus den Sternen prophezeit: apicra ydp Twv K«6' eau-
xöv r\]v xe toO ttöXou biocK6cunciv Kai xdc tujv dcxepujv biaqpopdc,
oca xe kcx93 eauiouc TiYvöuevoi Kai öca cuuuiYvuvxec dXX^Xoic ev xe
xcac öuiXiaic Kai ev xaic btacxdceav aTTOxeXoöci, öiervuj.1) Man

1) Er kannte also die Sternbilder am besten, wnfste über die verschiedenen
Gröfsen und xpdceic der Einzelsterne (vgl. Ptol. Tetrab. I 9) Bescheid und verstand
 
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