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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0497

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XV. Mittelalterliche Astronomie und neuere Forschung.

419

wie der "Aibnc, der liier zu einem 'zornigen Mann' wird, auch der
Name der drei Chariten, die hier nur mehr ganz allgemein als Jung-
frauen bezeichnet werden. Allerlei Mifsverständnisse begegnen. Aus der
leierspielenden Muse wird ein Mann, die Kassiopeia wird in unsern Hss
zu einem Jüngling Namens Kasios oder ähnlich (der griechische Rück-
übersetzer hat hier doch das Richtige hinter der Verderbnis gesehen),
kuuuv und KuvoKeqpaXoc werden durcheinandergeworfen, auch das äpua
des Fuhrmanns, wofür wohl schon in einzelnen Hss des Urteukros
falsch äpuaia stand, jedesmal durch zwei Wagen ersetzt. Auf der
anderen Seite ist bei Abu Ma'sar doch noch recht viel von dem ur-
sprünglichen Text verständlich geblieben. Aber der Zufall fügte es,
dafs nicht die arabische Uberlieferung, sondern eine ihren griechischen
Charakter fast ganz verderbende hebräische Bearbeitung die Sphaera
des Teukros bis heute repräsentieren mufste.

2. Nichts Anderes nämlich als eine Übersetzung der Sphaera des
Abu Ma\sar ins Hebräische ist jene Sphaera des Ibn Esra (Avenar),
die Scaliger in seinem Manilius in lateinischem Auszug mitteilt.
Abraham ibn Esra (etwa 1093—1167),- ein Jude aus Toledo1), ver-
fafste eine Einleitung in die Astrologie, die unter dem Titel rIntro-
ductorium quod dicitur principium sapientiae' gleich den andern
astrologischen Schriften des gleichen Verfassers, mit Zugrundelegung
einer französischen Ubersetzung2), von Petrus de Abano ins Lateinische
übersetzt und 1507 in Venedig gedruckt wurde. Das 2. Kapitel dieser
Einleitung behandelt die Paranatellonta nach den drei Sphaeren der
Perser (d. h. des Teukros), der Inder und des Ptolemaios, und zwar
in wörtlichem Anschlufs an Abü Ma\sar, der zwar nicht in diesem
Buch, jedoch nach Steinschneiders Mitteilung3) in der älteren Rezen-
sion des hebräischen Textes des Liber rationum von Ibn Esra zitiert
wird. Allerdings fehlt es bei Ibn Esra nicht an Weglassungen, wäh-
rend Zusätze nicht vorzukommen scheinen. Man könnte glauben, dafs
diese Lücken erst dem französischen oder dem lateinischen Ubersetzer
zur Last fallen: allein obgleich ich den hebräischen Text nicht kenne,
glaube ich doch ziemlich sicher annehmen zu dürfen, dafs diese Einzel-
heiten zu allermeist schon von Ibn Esra weggelassen wurden. Denn

1) Vgl. über ihn die gründliche Abhandlung von Steinschneider, Abhandlgn
zur Gesch. d. Mathem. (Suppl. z. Zs. f. Math. u. Phys.), III (1880) p. 57—128.-Ä..A

2) Von dem Juden Hagins 1272 in Mechern für H. Bates verfertigt. Vgl.
darüber Paulin Paris, Hist. litter. de la France XXI (1847) 499 ff.; Steinschneider
in Virchows Archiv f. path. Anat. 40 (1867) 106; ders., Bullettino di bibliografia
e di stor. delle scienze matem. I (1868j 35.

3) ZDMG 18, 146.
 
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