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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0529

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III. Teil. Geschichte der Sphaera barbarica.

zu machen: das sachliche Interesse an diesen Dingen war in ihm viel
zu lebendig, als dafs ein nur kritischer und sprachlicher Kommentar
ihm hätte genügen können. So waren in ihm wie in seiner Zeit die
Bedingungen zu einem eindringenden Sachverständnis des römischen
Dichters gegeben. Wie er im 3. Buch zuerst die chaldäisch-ostasiatische
Dodekaeteris entdeckt hat1), so hat er auch die nahe Zusammen-
gehörigkeit jener mittelalterlichen Sphären des Ibn Esra und des
Petrus von Abano mit dem 5. Buch des Manilius erfafst und sie
darum in seinem Maniliuskommentar vollständig abdrucken lassen.
Quia vero nos prinii, schreibt er zur Einleitung (p. 370 der Ausgabe
von 1600), quid esset sphaera barbarica, indicauimus, primi etiam
hunc quintum' librum Manilii sphaerae barbaricae apotelesmata esse
aperuimus: si apud ingenuos animos id alicuius gratiae est, cumula-
bimus illud duarum sphaerarum accessione, Persicae et Indicae, quibus
etiam adiciemus barbaricam ex Ptolemaeo, auctore doctissimo Aben-
Ezra, ex quo et reliquas duas hausimus . . . ex eo igitur eximio libro
ortus sphaerae Persicae primo apponemus, secundo sphaerae Indicae,
tertio sphaerae barbaricae Ptolemaicae, ut extat apud illum Magistrum
Iudaeum hominem supra captum Iudaeorum. Aus diesen Worten geht
zur Genüge hervor, dafs Scaliger diesen Überlieferungen einen nicht
geringen Wert zusprach, sosehr er die eigentlich astrologische ucctouo-
rexvia verachtete. Ihr wahres Wesen vermochte er freilich durch
ein so trübes Medium nicht zu erkennen. Die von ihm versuchte
Definition des Begriffes Sphaera barbarica ist falsch2); und da ihm
die Genesis der 'persischen' und der cindischen' Sphäre des Ibn Esra
unbekannt war, so kam ihm an der Richtigkeit dieser Benennungen
kein Zweifel. Er hielt sie für einheitliche Sphären. Und so glaubte
er auch in den Monomoeriae, die er am Schlufs seines Kommentars
(p. 487—504) dem Petrus von Abano entnahm, ein altägyptisches
Denkmal vor sich zu haben.

Salmasius hat Scaligers Material wenig Neues hinzugefügt, so
nahe ihm in Pariser Hss die Originale jener mittelalterlichen Texte
lagen. Er hat den Begriff der Sphaera barbarica richtiger als Scaliger
gefafst, aber mit allerlei Künsteleien sich selbst den weiteren Weg
versperrt. Der Herausgeber der 1603 erschienenen Uranometria, der
Augsburger Jurist Johann Bayer (f 1660), und der hierin fast ganz
von ihm abhängige Philipp von Zesen (Caesius, in seinem 1662 zu
Amsterdam erschienenen Coelum astronomico-poeticum) schöpfen ge-

1) Vgl. oben S. 344.

2) Ygl. oben S. 359 nnd 387.
 
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