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Bondy, Walter
Kang-Hsi: eine Blüte-Epoche der chinesischen Porzellankunst — München: Buchenau & Reichert Verlag, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.61220#0096
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Wir gelangen nun zum letzten Erkennungsmerkmal der echten China-Por-
zellane; es ist dies die Abnutzung, die durch die Zeit hervorgerufen wurde.
Dieser Punkt wird selten in den Bereich der Kritik gezogen, da die Ansicht
allgemein ist, daß sich Porzellan wenig oder gar nicht verändert. Dies ist nun
allerdings nicht in dem Maße der Fall wie bei manchen anderen Materialien,
jedoch geht das Porzellan auch nicht unberührt von mechanischen und chemi-
schen Einflüssen durch die Zeit. Es ist eine merkwürdige Tatsache, die wir
an hunderten von Stücken nachprüfen konnten, daß selbst bei Porzellanen,
die seit der Zeit ihrer Entstehung sich in derselben Hand befanden, deutlich
nachweisbare Abnutzungsspuren vorhanden sind. Allerdings sind diese oft so
gering, daß sie nur mit der Lupe zu erkennen sind. Die Oberfläche der Stücke,
die im täglichen Gebrauch waren, ist meistens stark zerkratzt. An besonders
exponierten Stellen ist die Glasur fast immer stark beschädigt. Bei geschon-
ten Stücken zeigen sich die Abnutzungsspuren in geringerem Maße. In der
Regel sitzen sie am Fuß und am oberen Rand sowie an den vorspringenden
Teilen der Oberfläche. Wenn man diese Stellen mit der Lupe absucht, wer-
den wir fast immer deutlich wahrnehmbare Beschädigungen konstatieren
können. Diese haben ein immer wiederkehrendes Gesicht und zeigen große
Ähnlichkeit mit einem Phänomen, das wir bei der Kupferätzung mit dem
Namen „Nester“ bezeichnen. An den Knotenpunkten durcheinanderlaufen-
der Kratzer sind kleine Glasurteilchen abgesprungen. Der unglasierte Scher-
ben ist freigelegt. Selbstverständlich ist das Vorhandensein von Beschädigun-
gen kein unbedingter Beweis für ein hohes Alter, auch jüngere Stücke, die
jahrelang in Gebrauch waren, zeigen eine deutliche Abnutzung. Andererseits
aber können wir den Satz aufstellen, daß es alte Stücke ohne jedwede Ab-
nutzungsspuren nicht gibt.
Am empfindlichsten gegen mechanische Einflüsse sind die weichen Muffel-
farben. An ihnen läßt sich das Phänomen der Nester fast immer nachweisen.
Natürlich bemühen sich die Fälscher, die Gebrauchsspuren künstlich vorzu-
täuschen, indem sie die Stücke zerkratzen und mit Sand abreiben. Der mecha-
nische Charakter dieser Verletzungen ist aber immer deutlich zu erkennen.
Übermäßig patinierte oder stark beschmutzte Stücke sind verdächtig. Nie-

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