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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0088
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70 Ersler Abschnitt. Allgemeines

schon stabile Altäre zweifellos im Gebrauch waren, nicht wörtlich verstanden wer-
den, sondern nur den allgemeineren Sinn haben „den Altar herrichten". Der Ver-
lasser der Quaestiones kann und will auch demnach nicht sagen, daß es seinerzeit
zu Rom noch keine stabilen Altäre gab, sondern lediglich den römischen Diakonen
gegenüber betonen, daß es ihre, nicht der niederen Kleriker Pflicht sei, den Altar
zur eucharistischen Feier zu bereiten. Was sie zu dem Ende im einzelnen Falle
zu tun hatten, hing von den jeweiligen Umständen ab. An Orten, welche sich be-
reits eines ständigen Altars erfreuten, beschränkte sich ihre Aufgabe lediglich auf
dessen nähere Herrichtung und Ausrüstung, wie es für die Abhaltung der Liturgie
erforderlich war. Wo dagegen ein solcher nicht vorhanden war, lag ihnen, nicht
den unter ihnen stehenden Klerikern, auch die Sorge ob, einen Altar herbeizu-
schaffen und aufzustellen.

Auch außerhalb Roms kannte man im Abendland schon in der zweiten
Hälfte des 4. Jahrhunderts ständige Altäre. Der hl. Ambrosius erzählt z. R. von
einer vornehmen Jungfrau, die von ihren Angehörigen zur Heirat gedrängt wurde,
jedoch jungfräulich bleiben wollte und darum Schutz suchend zum hochheiligen
Altare floh35. Der Heilige selbst antwortete, als man von ihm die Auslieferung der
von den Arianern beanspruchten Rasilika Portiana verlangte: „Wollt ihr mich in
Rande schlagen, mich töten? Es ist mir eine Freude. Ich werde mich nicht mit
einer Menschenmenge als Wall umgeben, werde nicht den Altar umfassen wie um
das Leben flehend, sondern werde mich lieber für den Altar hinschlachten lassen38."
Paulinus von Mailand berichtet, daß eines Tages ein gewisser Cresconius vor den
Soldaten des Stilicho, der ihn zu ergreifen befohlen hatte, sich zum Altar einer
Kirche zu Mailand flüchtete, wo ihn Ambrosius mit seinen Klerikern vergebens vor
den Verfolgern zu schirmen suchte, und daß darauf der heilige Rischof, voll tiefer
Trauer über die Verletzung der heiligen Stätte, sich weinend vor dem Altar zu
Boden warf37. Von Rufinus hören wir, Ambrosius habe sich gegen die arianisch
gesinnte Justina, die Mutter Valentinians, nicht mit der Hand oder mit Waffen
verteidigt, sed jejuniis continuatisque vigiliis sub altari positus33. Hieronymus schil-
dert die Greuel, welche die Rarbaren bei ihren Einfällen in das Römerreich allent-
halben verübt hatten. „Die Kirchen haben sie verwüstet," sagt er dabei unter
anderem, „an die Altäre Christi die Gäule angebunden, die Reliquien der Märtyrer
ausgegraben38". Die Altäre, um die es sich in allen angeführten Fällen handelt, waren
ersichtlich Altäre, die dauernd an ihrem Platz aufgestellt waren.

Stabil war auch, um noch einige andere Beispiele zu nennen, der Altar, unter
dem der hl. Ambrosius zu Florenz die Reliquien der hll. Vitalis und Agricola bei-
setzte40, der Altar der Ambrosiusbasilika zu Mailand, unter dem der Heilige die
Leiber der hll. Gervasius und Protasius barg", der Altar der Clarusbasilika zu
Primuliacum, der Felixbasilika zu Nola und der von Paulinus von Nola erbauten
Basilika zu Fundi42, der Altar über den Reliquien der hl. Eulalia zu Merida, über den
Überresten der achtzehn Märtyrer von Saragossa zu Saragossa, über den Reliquien
des hl. Vincentius zu Valencia und über dem Grabe des hl. Cassianus zu Imola"
der Grabkirche des hl. Cyprian zu Karthago und der bei Hippo gelegenen Memorie
des hl. Stephanus44. Bei Tours gab es zu Lebzeiten des hl. Martinus in einem Dorfe
einen Altar über einem angeblichen Märtyrergrabe, der von einem der Vorgänger
des Heiligen dort aufgestellt worden war, also etwa im Laufe der zweiten Hälfte
des 4. Jahrhunderts errichtet wurde. Da es sich ergab, daß es sich bei dem Grabe

" De Virg. 1. 1, c. 10, n. 65 (M. 16, 206). « Paulini Nol. Epist. 32, n. 6 11 17 (C. SS-

" Epist. 20, n. 8 (M. 16, 997). eccl. 29, 280 287 291).

»7 Vita s. Ambros'ii n. 34 (M. 14, 39). " Prudent. Peristeph. h. 3, v. 211 f.; b.. 4'

" Hist. eccl. 1. 2, c. 16 (M. 21, 524). v. 189 f.; h. 5, v. 515 f.; h. 9, v. 991. (M. 6°'

«9 Epist. 60, n. 16 (M. 22, 600). 356 376 407 422).

" S. Ambrosii Epist. 22, n. 13 (M. 16, 1023). " S. August. Serm. 313, n. 5: Cujus victrios

41 Paulini Vita s. Ambrosii n. 29 (M. 14, 37). animae sanctam carnem tamquam framea U"
 
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