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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0421
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Sechstes Kapitel. Der Ort der Aufstellung der Altäre 403

In Italien und Spanien scheint der Heiligkreuzaltar wenig Verbreitung
gefunden zu haben. Nicht als ob es daselbst nicht üblich gewesen sei, Altäre zu
Ehren des hl. Kreuzes zu weihen, nur hatten diese dem hl. Kreuz geweihten Altäre
in den dortigen Kirchen nicht die besondere Bedeutung, die man in Frankreich, zu-
mal dem nordwestlichen Teile, und noch mehr in Deutschland dem Kreuzaltar bei-
legte; es sei denn infolge deutscher oder französischer Beeinflussung, wie zu Farfa,
wo Abt Hugo zur Hebung der gesunkenen Disziplin um das Ende des 1. Jahrtausends
den Brauch von Cluny einführte.

Der Kreuzaltar nahm einen bevorzugten Platz in der Kirche ein. Er stand
in der Längenachse derselben im Schiff der Kirche; in Kirchen, die ein Quer-
schiff besaßen, hatte er seine Stelle diesseits der Vierung.

Dort stand er zu Centula, dort tritt er uns auf dem Plan von St. Gallen ent-
gegen, dort erhob er sich in der Münsterkirche zu Essen noch bis zum Jahre 1753,
in dem der Kreuzaltar in das Querschiff und näher dem hohen Chor zugerückt
wurde. Auch bei dem Chronisten wird oft die Mitte der Kirche ausdrücklich als
der Platz des Heiligkreuzaltares bezeichnet. So lesen wir z. B. in der Notae dedi-
cationis s. Eucharii Trevirensis: Altare s. crucis in medio mcnasterio, in den Notae
dedicationis Wettingenses: Altare in medio ecclesiae, in den Notae Egmondanae:
Unum altare in honore s. crucis in medio ecclesiae, in Candids Überschrift zu
Hrabans Altartiteln für Zell: Ad altare in medio ecclesiae, in den Gesta Aldrici: In
medio ecclesiae fecit altare, in quo et crucifixum Domini nostri Jesu Christi...
erexit, in den Notae dedicationis s. Eucharii Trevirensis: Altare, quod est in medio
monasterii, in der Historia Hirsaugiensis monasterii: Altare s. crucis in medio
ecclesiae, in den Notae Pruveningenses: Altare, quod est situm in medio templi, in
honore s. Crucis, in dem Chronicon Quedlinburgense: Altare (sc. sanctae crucis) in
medio ecclesiae u. a. In den Dedicationes Lacensis monasterii hat der Kreuzaltar
die sachlich gleiche nähere Bestimmung ante chorum, in der Historia Augiensis
(Weißenau bei Bavensburg) lesen wir: Altare in monasterio extra chorum dedicatum
est in honore s. Crucis. In einem den Kreuzaltar der Kathedrale von Angers be-
treffenden Dokument aus dem Jahre 1099 heißt es von dem Altar: Altare s. Crucis,
quod situm est intra chorum et parochiam ad eundem Crucifixum pertinentem**,
in der Historia monasterii s. Florentii Salmuriensis: Altare s. crucis quod in media
navi situm. Flodoard erzählt in seiner Historia Remensis, Erzbischof Folco habe
den Leib des hl. Rigobert in medio ecclesiae beatae Dei genitricis Mariae post altare
s. crucis beigesetzt. Ebenso hebt das Inventar von Cluny aus dem Jahre 1382 hervor,
daß der Kreuzaltar mitten in der Kirche stand. Es war eine sehr auszeichnende
Stelle, welche dem Heiligkreuzaltar vorbehalten war. Wenn jemand in die Kirche
eintrat, mußte sein Auge alsbald und vor allem anderen auf den mitten im Schiff
der Kirche oder an dessen Ende sich erhebenden Altar fallen49.

In den Kirchen, in denen der Chor vom Schiff durch einen Lettner geschieden
Wurde, war der Heiligkreuzaltar'in der Mitte vor diesem Lettner angebracht So
verhielt es sich schon in der von Lanfranc (f 1089) neu erbauten Kathedrale zu
Canterbury, in welcher der Altar nach dem ausdrücklichen Bericht des Mönches
Gervasius mitten vor dem pulpitum, das den Vierungsturm nach dem Schiff der

48 Mscr. der BiW. zu Rouen n. 618 bei L. de wird er vielmehr auch im Kölner Petrusdom

farcy, Monographie de la Cathedrale d'An- im Langhaus gestanden haben. An seine spä-

gers, Immeubles III, 21. tere Stelle wird er versetzt worden sein, als

** Wenn im Dom zu Köln der Kreuzaltar Reinald von Dassel die Religuien der hl. drei

nicht im Schiff, sondern nördlich vom Ein- Könige nach Köln brachte und man nun diese

gangsbogen des Petri(Haupt)chores stand mitsamt einem den hl. drei Weisen geweihten

(L. Ennen, Die Baugeschichte des alten und Altar an seiner Stelle im Schiff der Kirche

neuen Domes zu Köln 9), so war das zweifei- aufstellte,
los nicht sein ursprünglicher Platz; vordem

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