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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0464
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446 Dritter Abschnitt. Das altare portatile

Die Reliquien befanden sich bei ihm in den Füßchen. Eine Inschrift, die oben auf
der Einfassung des Altarsteines, einer etwa 27 cm breiten, 19 cm tiefen und 1,3 cm
dicken Porphyrplatte stand, lautete: Primum cruci f presul locum sanxi, Mariae
posterum, Rotgerus tertium Petro, quarto dedi Luciano".

Auch in den Inventaren werden nur vereinzelt Tafelportatilien, die Füßchen
hatten, aufgeführt, wie z. B. in einem Inventar von Fecamp aus dem Jahre 1502: Item
un petit autel portatif du marbre enchassee en argent dor6 et 3 petites tourelles
d'argent autour pour pietz7, und in einem Inventar der Kathedrale von York aus
dem Jahre 1530: Item duo superaltaria de rubro marmore ornata cum argento,
quorum unum stat super quatuor pedes argenti et alterum sine pedibus8.

Nicht mit Füßchen, sondern mit einem Leistchen hat man das 1520 konsekrierte
Portatile in St. Emmeram zu Regensburg ringsum auf der Unterseite ausgestattet.
Es ist beiderseits mit Karnies und Einsprüngen profiliert und 2J4 cm vom Rande
entfernt.

Was das tafelförmige Portatile vor den andern Arten empfahl, waren die
besondern Vorzüge, die ihm eigen waren. Es war erstens der natürlichste
Ersatz für das altare fixum, eine Altarmensa im kleinen ohne zugehörigen
Stipes. Zweitens war es, weil es nur eine Tafel darstellte, am einfachsten
herzustellen. War der Stein genügend groß und stark, so war nicht einmal
eine Holzfassung nötig. Weiterhin bot das Tafelportatile, da es wenig Raum
einnahm, die wenigsten Schwierigkeiten für den Transport, und war deshalb
vor allen andern zur Mitnahme auf Reisen geeignet. Endlich war es auch für
den Gebrauch das bequemste, weil es bei seiner mäßigen Dicke leicht in eine
Vertiefung eingelassen werden konnte, so daß dann seine Oberfläche mit der
Umgebung völlig oder doch nahezu völlig in einer Ebene lag. Kein Wunder
also, daß das tafelförmige Portatile stets das Portatile war, neben dem die
beiden andern Arten nur vorübergehend gebräuchliche Nebentypen dar-
stellten.

Das tafelförmige Portatile ist uns schon für das 6. Jahrhundert ausdrücklich
bezeugt. Denn die Tragaltäre, deren sich die britischen Priester Louvocat und
Catihern auf ihren Missionsreisen in der Bretagne bedienten" werden ausdrücklich
als tabulae bezeichnet, waren also Tafeln. Auch der Tragaltar, den die hl. Hewalde
um 690 auf ihren Bekehrungsreisen mit sich führten, war eine tabula10, desgleichen
das Portatile, das man im 11. Jahrhundert bei der Leiche Accas (f 740) zu Hexham
fand", der Tragaltar, den der hl. Wulfram (f ca. 720) auf seinen Reisen mit sich
nahm", sowie das Portatile, das die Mönche von St-Denis bei sich hatten, als sie
Karl d. Gr. auf seinen Zügen gegen die Sachsen13 begleiteten. Tabula, Tafel, wird
ferner das Portatile genannt im Sakramentar von Gellone (8. Jahrhundert), in den

* Memoires de la Soc. archeol. de l'Oise II " Vgl. oben S. 422.

(1852) 431. »» AA. SS. 20. Mart III, 146 in notis; vgl.

' Gay I, 89. AA. SS. o. s. Ben. III, 343: Altare consecratura

« Monast. anglic. VIII, 1205. Sowohl hier wie in <I»a"uor angulorum locis (Behälter) et in

im Inventar von Fecamp wird das Portatile medl° «"l"»8 continens sanctorum, in modum

zwar weder ausdrücklich noch durch die Be- dvpe1' ^od 8ecum' cum iter aßeret' *<?;„

Schreibung als Tafelportatile gekennzeichnet. 8°htus erat. Der Umstand, daß es merheiüt.in

Da man aber im Beginn des 16. Jahrhunderts modum dvPei> könnte dafur sPredlen/ .°a„

in England und Frankreich wohl kaum mehr da.8 p.ortaül<= ™n °valer Form war, doch_M

andere als tafelförmige Tragaltäre kannte, wer- ^' el"em oyalen unmöglich von vier bcKen

den wir auch die Angaben der beiden Inven- dle, Rede sein- Wie M sich Jedoch ^f* 2Z-

tare von solchen zu verstehen haben. halten ma8' auf alle Falle 8eht aus de,n -I,

» v«l oh q ia ten in modnm clypei hervor, daß es tafel-, nicm

ygi. ODen s>. /4. kästen- oder altarförmig war.

' Vgl. oben S. 73. '• Vgl. oben S. 424.
 
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