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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0575
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Zweites Kapitel. Arten des Altargrabes 557

Das ist das Endergebnis einer Geschichte von etwa eineinhalb Jahr-
tausend. Sie beginnt mit dem Bodengrab, das dann immer mehr durch
das Stipesgrab verdrängt wird. Diesem gesellt sich in der zweiten
Hälfte des Mittelalters in stets steigendem Maße das vordem kaum oder doch
nur vereinzelt vorkommende Mensagrab zu, bis schließlich nur mehr
dieses allein gebräuchlich ist.

I. DAS BODENGRAB

1. Altar und Beschaffenheit des Bodengrabes. Den
Ausgangspunkt in der Geschichte des Altargrabes bildet das Bodengrab, die
älteste und zugleich die natürlichste Form. Die ersten Altäre, die mit den
Überresten der Märtyrer in Verbindung gesetzt wurden, erhoben sich über
dem Grabe, worin diese beigesetzt waren, sei es unmittelbar, sei es mittelbar.
Als man dann anfing, Märtyrergräber zu öffnen und die heiligen Leiber zu
transferieren, bedeutete das zunächst meist nur eine örtliche Veränderung des
Grabes und der heiligen Überreste, nicht aber auch einen Wandel in der Art
der Bestattung, selbst wenn nur wenig mehr von dem Leibe übrig war, oder
wenn man nicht den ganzen Leib, sondern nur einzelne Partikel desselben
zur Neubeisetzung erhalten hatte. Auch dann betrachtete man das Boden-
grab anfangs als das entsprechendste; denn was man besaß, ob es groß oder
klein, viel oder wenig war, galt als Ersatz des ganzen Leibes. Freilich hatte
der Loculus in diesen Fällen nicht die gewöhnlichen Maße eines Grabes, da
er ja keinen vollständigen heiligen Leib zu bergen hatte; den Charakter eines
wirklichen Grabes hatte er jedoch trotz seiner geringeren Abmessungen, wie
das Gefäß, in dem man die Reliquien in ihn hineinlegte, den Sarkophag
vertrat.

Es kann darum nicht auffallen, wenn bei den altchristlichen Schrift-
stellern die heiligen Überreste stets unter dem Altar beigesetzt erschei
nen. Ecce s u b accensis altaribus ossa piorum — Regia purpureo marmore
erusta tegit, dichtet Paulinus von Nola1 für die Basilika zu Fundi, und im
9- Natalitium auf den hl. Felix singt er: Spectant de superis altaria tota
fenestris — S u b quibus intus (der Kirche) habent sanctorum corpora
sedem2. Ambrosius, so berichtet sein Biograph Paulin, setzte die Leiber der
hl- Vitalis und Agricola in der Basilika zu Florenz bei s u b altari, quod
est in eadem basilica constitutum8. Der Heilige selbst aber schreibt an seine
Schwester bezüglich der Erhebung und Überführung der Leiber der hl. Ger-
vasius und Protasius: Succedant victimae triumphales in locum, ubi Christus
hostia est, sed ille super altare . . . isti s u b altari . . . Locus iste martyribus
debebatur4. Maximus von Turin fragt in seiner Predigt auf den hl. Cyprian5,
Quid reverentius, quid honorabilius dici potest, quam s u b illa ara quiescere,
•n qua Deo sacrificium celebratur ... sub ara martyres collocantur, quia
super aram Christus imponitur, in des Prudentius' Hymnus auf den hl. Vin-

' Ep. XXXII, n. 17 (Q. SS. eccl. 29, 292). t p„ » „ ,q/m « imTi

• V?t! * u '•?• -J?- : ^ '' 5 Sermo 77 (M. 57, 689).

Vita s. Ambrosii n. 29 (M. 14, 37).
 
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