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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0666
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648 Vierter Abschnitt. Das Altargrab

lieh um Reliquien, die in Sarkophagen oder sonstigen Behältern, nicht aber um
solche, die in einem Altargrab beigesetzt waren.

In seiner Chronik erzählt Gregorius Barhebräus, er habe für eine zu Bartela
neuerbaute Kirche in einer alten verfallenen Basilika nach Reliquien suchen lassen,
doch ohne Erfolg. Darauf habe er auf Grund einer nächtlichen Vision an dem
Platz, an dem einst der Altar stand, selbst Grabungen angestellt, hier in Mannes-
tiefe eine Urne mit Reliquien gefunden, für diese in der neuen Kirche eine domus
martyrum, ein Märtyrermonument, erbaut und in dasselbe den Reliquienbehälter mit
seinem heiligen Inhalt hineingestellt11. Der Bericht ist in doppelter Hinsicht inter-
essant. Zunächst, weil er bekundet, daß auch bei den Syrern in älterer Zeit Reli-
quien in einem Bodengrab unter dem Altar beigesetzt wurden. Dann, weil aus ihm
hervorgeht, daß jedoch solches zu des Gregorius Zeit, d. i. zu Ende des 13. Jahr-
hunderts, schon so gründlich außer Brauch gekommen war, daß derselbe erst auf
Grund einer Vision daran dachte, in der alten Kirche an Stelle des ehemaligen
Altares Nachforschungen zu halten. Er selbst legte dann die gefundenen Reliquien
nicht wieder in ein Altargrab, sondern in eine domus martyrum, einen Schrein
oder sonst einen zur Aufbewahrung von Reliquien bestimmten Behälter.

Im griechischen Ritus ist die Reliquienbeisetzung noch heute ge-
bräuchlich, und zwar in allen seinen Zweigen. Sie findet sowohl bei der
Weihe des altare fixum als der des Antiminsion statt, ist aber nicht, wie im
römischen Ritus, in den Weiheakt hineinverwoben, sondern folgt ihm. Beim
altare fixum liegen die Reliquien nie in der Mensa, sondern stets in einer an
der Rückseite des Stipes angebrachten, etwa 40 cm über dem Boden ange-
brachten Nische, die dem Sepulcrum des lateinischen Ritus entspricht. Hat
der Altar, wie es sehr häufig der Fall ist, die Form eines vierstützigen Tisch-
altares, so befindet sich diese Kammer zur Aufnahme der Reliquien in einer
mitten unter der Mensa stehenden Lade. Die Reliquien sind in eine Blei-
büchse eingeschlossen, liegen aber nicht los in derselben, sondern in Mastix
gebettet, das der Bischof selbst bei der Beisetzung über sie gießt, nachdem
er sie in die Büchse hineingelegt hat. Bei den Antiminsien ruhen die Reli-
quien in einem kleinen Täschchen, das mittels erwärmtem Mastix an den-
selben befestigt oder an sie angenäht ist.

Daß der Brauch, in den Kirchen Reliquien beizusetzen, im Bereich des grie-
chischen Ritus bis hoch in das 4. Jahrhundert hinaufreicht, wurde schon andern-
orts nachgewiesen12. Allein der Ort, an dem sie geborgen wurden, war keineswegs
immer der Altar. Zu Karneas errichtete man allerdings über dem Grabe Jobs einen
Altar13, dagegen ruhten die Reliquien der hll. Lukas, Andreas und Timotheus, die
Konstantius in das von Konstantin erbaute Apostoleion übertrug, nicht unter dem
Altar desselben. Denn als Justinian an Stelle des konstantinischen Baues einen
prächtigen Neubau aufführte, fand man, wie Prokop 558 berichtet, beim Ausschach-
ten zufällig unter dem Fußboden an unbekanntem, durch kein äußeres Merkmal be-
zeichnetem Ort die drei Holzschreine, in welchen die Reliquien lagen. Aber auch
in dem neuen Apostoleion wurden diese nicht unter dem Altare beigesetzt, sondern
wieder in der Erde verborgen, nur ließ man den Platz nicht unbezeichnet und ver-
ödet1*. Später wurden sie freilich erhoben und unter dem Altar rekondiert; denn
im 12. Jahrhundert ruhten sie dem Zeugnis des Nikolaos Mesarites zufolge unter
dem Altar des Apostoleion". Wahrscheinlich wurden sie gelegentlich der Er-

." Ass. Bibl. Orient. II, 261 f. «« Procopii De aedißc. Justin. 1. 1, c 4; I (ed-

•i v„i -». c cia Bonnae 1838) 188 s.

Vgl. oben S. 614. „ Q ^^ s. Marco di Venezia e l'Apo-

" Vgl. oben S. 530. stoleion di Costantinopoli (Roma 1916) 17.
 
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