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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0678
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660 Vierter Abschnitt. Das Altargrab

Doppelgnade," heißt es demgemäß in einem Altartitulus Paulins von Nola, „weht den
frommen Bitten entgegen, unten ausgehend von den Märtyrern, oben vom heiligen
Opfer. Heil bringt den Lebenden des Priesters Gebet wie auch durch ein wenig
Staub der kostbare Tod der Heiligen17." Prudentius aber singt in seinem Hymnus auf
den hl. Hippolytus: „Des Ortes (des Grabes des Heiligen) wunderbarer Gnadensegen
und der Altar, der für die Hilfeflehenden bereit steht, verhelfen den Hoffnungen der
Menschen zu friedensvoller Erfüllung18."

Die angeführten Gedanken erklären ausreichend die Entstehung des Altargrabes.
Wie weit sie in den einzelnen Fällen auf die Anlegung eines solchen von Einfluß
waren, muß dahingestellt bleiben, da wir darüber keinen Aufschluß erhalten. Daß
sie jedesmal alle für dieselbe von Bedeutung waren, braucht natürlich weder an-
genommen zu werden, noch ist das überhaupt wahrscheinlich.

In lichtvoller Weise legt der hl. Maximus von Turin in einer Predigt auf
den Cyprianus die Hauptmomente dar, welche zur Bildung des Altargrabes
führten. Seine Worte mögen daher, wie eine Zusammenfassung des bisher
Gesagten, den Beschluß dieses Abschnittes bilden.

„Sooft wir die Martyrien der Heiligen feiern, Brüder," beginnt Maximus, „ebenso-
oft loben wir den Erlöser, und sooft wir deren Leiden verkündigen, ebensooft pre-
digen wir Christi Glorie. Denn wir achten nicht auf das, was sie erduldet, sondern
bewundern den, um dessenwillen sie gelitten haben. Nicht also die Strafe ist es, die
wir preisen, sondern der Glaube, den wir ehren. Wir erheben sonach die Märtyrer
nicht, weil sie harte Todesstrafe ausgestanden haben, sondern weil sie der Gerechtig-
keit halber selbige erduldeten. Ja, wir sehen sehr viele Verbrecher noch schlimmere
Strafen erleiden, ohne daß es ihnen Nutzen brächte, indessen die Märtyrer ihre Sache
rechtfertigt, während die Verbrecher ihr Gewissen verdammt."

Überaus hoch sind also die seligen Märtyrer ihres Glaubens wegen zu werten.
Schauet aber, welchen Platz sie bei den Menschen verdienen, die bei Gott ihren Platz
unter dem Altare verdienten. Sagt ja die Heilige Schrift: „Ich sah unter dem Altare
Gottes usw." „Unter dem Altare Gottes die Seelen der Getöteten", sagt sie. Was gibt
es Ehrwürdigeres, was Ehrenvolleres, als unter jenem Altare zu ruhen, auf dem Gott
geopfert wird, auf dem die Opfergaben dargebracht werden, an dem der Herr selbst
der Priester ist, wie geschrieben steht: „Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der
Ordnung des Melchisedech" (Ps. 109, 5).

Mit Becht werden also die Märtyrer unter dem Altare beigesetzt, weil auf den
Altar Christus gelegt wird; mit Becht ruhen die Seelen der Gerechten unter dem
Altare, weil auf diesem Christi Leib geopfert wird, mit Becht wird dort für die Ge-
rechten Blutrache gefordert, wo auch Christi Blut für die Sünder vergossen wird.
Ganz passend also und gleichsam zum Ausdruck der Gemeinschaft (mit Christus)
ist den Märtyrern dort das Begräbnis gewährt, wo täglich gefeiert wird der Tod des
Herrn, wie dieser selbst sagt: „Sooft ihr dieses tut, sollt ihr meinen Tod verkünden,
bis ich komme" (1 Kor. 11, 26); nämlich damit die, so seines Todes wegen gestorben
sind, ruhen im Geheimnis seines Sakramentes. Ganz passend, sage ich, ist wie zum
Ausdruck der Gemeinschaft dort für die Getöteten die Buhestätte bestimmt worden,
wo hingelegt wird der getötete Leib des Herrn, damit die, welche das gleiche Leiden
mit Christus verbunden hatte, auch der gleiche heilige Ort vereine.

Wir lesen, daß viele Gerechte in Abrahams Schöße gehegt werden, daß andere
sich der Lieblichkeit des Paradieses erfreuen, aber keiner hat Besseres verdient als
die Märtyrer, d. i. dort ruhen, wo Christus Opfergabe und Priester ist, auf daß sie
Gnade erlangen durch Darbringung der Opfergabe und Teil haben am Segen wie an
der Verrichtung des Priesters1'."

Ibid. n. 8 (1- c. 284). •» Perist. h. 11, v. 175 (M. 60, 549). '» Sermo 78 (M. 57, 690).
 
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