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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0766
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748 Fünfter Abschnitt. Die Altarweihe

zu Beginn des 13. Jahrhunderts der Bischof Johannes von Citrus so entschieden als
Mißbrauch und als Verachtung der Kanones bezeichnete, in der zweiten Hälfte des-
selben ersichtlich große Fortschritte gemacht; denn sonst hätte man in das Eucho-
logion jenen Ordo sicher nicht eingefügt. Derselbe beginnt mit Fürbitten, die den
beiden Ordines des Kirchweihritus aus dem 8. und 10. Jahrhundert entlehnt sind.
Dann salbt der Bischof die Antiminsia mit dem heiligen Myron, spricht ein Gebet
über dieselben und macht hierauf mit der Hand das Kreuzzeichen über sie, indem
er dabei sagt: Geheiligt, vollendet und bereitet ist der Altar, das Heilige der Heiligen,
im Namen des Vaters usw. Nun kommt nach abermaligen Fürbitten das Konse-
krationsgebet und nach diesem noch ein kurzes Schlußgebet, mit dem der Weiheakt
sein Ende erreicht hat. Reliquien werden auch nach diesem Ordo in die Antiminsia
nicht eingeschlossen.

Um 1400 muß es ganz gewöhnlich gewesen sein, daß man die Antiminsia für
sich allein weihte. Simeon von Saloniki beschreibt zweimal ihre Weihe Das
erstemal spricht er von dieser bei der Erklärung des Kirchweiheritus als einem Be-
standteil desselben. Das andere Mal erscheint sie bei ihm als selbständiger Akt, den,
wie Simeon bemerkt, mit Ermächtigung des Bischofs auch Priester vornehmen konn-
ten. Der Ritus der "Weihe ist in beiden Fällen der gleiche; sie geschieht nämlich, ob
bei oder außer der Kirchweihe, in ganz derselben Weise wie diejenige des altare
fixum. Insbesondere wird nun auch das Antiminsion mit Reliquien ausgestattet5.
Seit der Zeit des Metropoliten von Saloniki hat der Ritus der Weihe der Antiminsia
keinen bemerkenswerten Wandel erfahren.

Eine Eigentümlichkeit des griechischen Ritus ist, daß ein Altar, der auseinan-
dergenommen wurde, nach seiner Wiederherstellung nicht von neuem konsekriert,
sondern lediglich rekonziliert wird6. Schon in dem Euchologion von Grottaferrata
(10. Jahrhundert) und in dem Euchologion aus der zweiten Hälfte des 13. Jahr-
hunderts ist hierfür ein eigener Ritus vorgeschrieben. Die Befestigung der Mensa
auf dem Stipes geschieht dabei in derselben Weise wie bei der Weihe des Altares;
es folgen ihr die bei dieser gebräuchlichen Fürbitten; zum Schluß spricht der
Bischof ein Dank- und Segensgebet7.

Über den Ritus, nach dem im Mittelalter, und zwar schon im 9. und
10. Jahrhundert, bei den Armeniern die Altarweihe geschah, erhalten wir durch
armenische Kirchweihordines aus dem 9. bis 10., dem 13. und 14. Jahrhundert Aus-
kunft8. Die Weihe begann damit, daß die steinerne Mensa des Altares vom Bischof
und Klerus in feierlichem Zuge in die Kirche gebracht wurde, wobei sie zweimal
vom Bischof mit einem Kreuz bezeichnet wurde. Das erstemal vor der geschlossenen
Kirchentür, das zweitemal nach Eintritt in die Kirche, in der Mitte des Schiffes. Der
ersten Bezeichnung schloß sich die Absingung des Psalms 117 Confitemini an, der
zweiten die des Psalm 83 Quam dilecta. War der Zug zum Bema, dem Altarraum,
hinaufgestiegen, so wurde die Mensa nach einem dreimaligen kurzen Gebetsspruch
des Bischofs auf dem Altar befestigt. Nun folgten zunächst Segensgebete, dann
wurde der Altar von den Diakonen zuerst mit Wasser und hierauf mit Wein ab-
gewaschen, währenddessen vom Chor Psalm 25 Judica gesungen wurde. Hatte man
den Altar abgetrocknet, so nahm der Bischof das Salböl und salbte die Oberfläche
der Mensa, ihre vier Ecken, ihre vier Kanten sowie die Säulchen, auf denen sie
ruhte, indem er dabei die Worte sprach: „Es sei gesegnet, gesalbt, geweiht dieser
Altar im Namen usw.", vollzog hierauf die Salbung der Kirche, kehrte auf das Bema
zurück und sprach, nachdem der Altar unter Absingung des Psalms 92 Dominus
regnavit feierlich mit sieben Tücher bekleidet worden war, das Schlußgebet der
Altarweihe. Dann zündete er selbst die Lichter des Altarraumes an, während andere

s De sacro templo c. 107 s., c. 127 (M. 313 s., 7 Goar 614 s.

331 s.). » In Übersetzung mitgeteilt bei F. C. Cony-

• Vgl. oben S. 316. beare, Rituale Armenorum (Oxford 1905) 3 ff.
 
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