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Bröndsted, Peter Oluf
Reisen und Untersuchungen in Griechenland: nebst der Darstellung und Erklärung vieler neu entdeckter Denkmäler griechischen Styls, und einer kritischen Übersicht aller Unternehmingen dieser Art, von Pausanias bis auf unsere Zeit (Band 2) — Paris, 1826

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https://doi.org/10.11588/diglit.681#0069
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172 zweites buch. DER PARTHENON. Einleitung, v.

rade über der Stirne tief eingebortes Loch bestimmt genug andeuten, dass die-
ser Figur früher irgend ein Schmuck von Metal, etwa eine daumenbreite, ver-
goldete, und vorne mit einer Agrafe verzierte Binde angelegt war. Man bemerkt
zugleich an der linken Seite, über und hinter dem linken Ohre, einen stark her-
vortretenden Knäuel9, der keinesweges das Haar seyn kann, weil dieses (wie
man an der rechten Seite sieht) sehr flach gehalten war, sondern von der Be-
schaffenheit der Composition herrührt, nämlich aus der materiellen Ursache,
dass die Figur an diesem, ursprünglich nicht sichtbaren Orte, wo sich der Aus-
wuchs oder Knäuel befindet, nicht unterarbeitet oder abgelöst war, sondern mit
der Marmorfläche, die den Grund der Gruppe bildete, zusammenhing. Dieser
Umstand, wodurch die rechte Seite des jugendlichen Kopfes als die äussere
oder die dem Beschauer zugewandte sogleich erkannt wird, mag nicht ohne
Nutzen seyn um den ursprünglichen Platz und die Bewegung der Figur auszu-
mitteln. Beide Köpfe gehören zu Figuren, die unter natürlicher Grösse, 4 bis 4 3
Fuss hoch waren. Hinsichtlich des unverbesserlich reinen und schönen Styls,
des Ausdrucks und der Behandlung des Marmors, sind sie ganz aus derselben
Schule, ich möchte fast sagen von derselben Hand. Dass sie aber Figuren angehör-
ten, welche in der nämlichen Composition zusammen gruppirt gewesen, welches
ihre Herkunft (provenienza) allerdings wahrscheinlich macht, kann aus den
Fragmenten selbst nicht erkannt, sondern muss anderswoher erwiesen werden.
Dass diese Bruchstücke von irgend einem altgriechischen Denkmale aus der
schönsten Zeit herrühren mussten, war mir sogleich einleuchtend; was mich
aber zu einer genaueren Untersuchung derselben vorzüglich reitzte, war ihre
auffallende Ähnlichkeit, in Zeichnung, Arbeit und Materie, mit den auswendi-
gen Sculpturwerken des Parthenons, die mir, erst in Athen und hernach in
London, so bekannt geworden waren, dass ich mich in dieser Hinsicht nicht
leicht irren konnte'.

9 S. die XLUf Tafel, fig. IL b.

1 Es fand sich in der That, durch Vergleichung
der Ropenhagner Fragmente mit Carrey's Zeich-
nungen und mit den Marmorn des Parthenons die
jetzt in London sind, dass jene Bruchstücke der
achten Metope von der südlichen Seite des äus-

seren Frieses am Parthenon angehörten — ein
Ergebniss welches ich hier im Voraus hinstelle, um
sogleich auf die Composition der Gruppe (s. unsere
XV Tafel), und auf ihren Platz am Tempel (s. die
Grundzeichnung, Tafel XXXV Ul) hinweisen zu
können.
 
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