Jesus und die Bibel.
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unmittelbar au die Erfüllung angeknüpft. Man braucht die Wider-
sprüche uicht zu leugnen welche die historische Kritik bei diesen von
verschiedenen Verfassern nach vielstimmiger Überlieferung aus-
gezeichneten Erzählungen gefunden hat; sie thuu der Ueberzeugung
keinen Abbruch daß sich in ihnen doch das Wesen Christi in seinem
Verhältniß zur Welt ebenso sinnvoll wie anmuthig ausprägt und
für das Volksgemüth nicht schöner dargestellt werden kann; und
so hat ihre ideale Wahrheit in dem Gewände das die Phantasie
gewoben auch für die Kunst sich fruchtbar erwiesen bis auf die
Gegenwart.
Wie bei dem Tode von Cäsar und Augustus heißt es daß
die Sonne sich verfinstert habe da Christus am Kreuze hing; die
Natur trauert und leidet mit dem Menschen, der Zusammenhang
der sittlichen und natürlichen Weltordnung wird so durch die Ein-
bildungskraft ausgesprochen; Gott ist jetzt offenbar geworden, darum
heißt es daß der Vorhang vor dem Allerheiligsten des Tempels
zerrissen sei. Ein bildlich gedachtes Wort hielt der Hörer fest als
ob es ganz eigentlich und sactisch gemeint sei. Um die Jünger
vom Abgestandenen und Veralteten abzumahnen hatte Jesus gesagt
sie sollten sich vor dein Sauerteige der Pharisäer hüten; da sie
dies wörtlich nahmen, verwies er sie auf die Speisung der Tausende
in der Wüste, und dies gibt uns den Schlüssel zu deren Ver-
ständlich: eine Parabel ist zur Geschichtserzählung geworden; in
der geistigen Speisung sättigt Einer Tausende mit seiner Seeleu-
nahrnng, und wenn man dann Umfrage hält, siehe so ist mehr
vorhanden als er ausgegeben hat, denn jede empfängliche Seele
hat den mitgetheilten Gedanken ausgenommen, mit ihren Gedanken
verwoben und dadurch weiter entwickelt, sodaß die ursprünglichen
zwei Brote jetzt sieben Körbe füllen. Der selbst die Auferstehung
und das Leben ist, der Erwecken zum wahren Leben erhält nun
auch Macht über den leiblichen Tod, und der dem Geiste das Licht
bringt öffnet Blindgeborenen die Augen. Thatsächlich steht fest
daß die Jünger den Auferstandenen gesehen, daß Jesus verstörte
Gemüther beschwichtigt und daß Kranke bei ihm Genesung oder
Linderung gefunden. Daneben sehen wir durch Strauß erwiesen
daß vielfach alttestamentliche Typen auf Christus übertragen, pro-
phetische Erwartungen als buchstäblich erfüllt geschildert wurden;
aber wir sehen auch den mythenbildenden Trieb der Menschheit
wie Lei allen großen Männern der Vorzeit schon um die Wiege
des Heilandes neuschöpferisch geschäftig um in einer poetischen
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unmittelbar au die Erfüllung angeknüpft. Man braucht die Wider-
sprüche uicht zu leugnen welche die historische Kritik bei diesen von
verschiedenen Verfassern nach vielstimmiger Überlieferung aus-
gezeichneten Erzählungen gefunden hat; sie thuu der Ueberzeugung
keinen Abbruch daß sich in ihnen doch das Wesen Christi in seinem
Verhältniß zur Welt ebenso sinnvoll wie anmuthig ausprägt und
für das Volksgemüth nicht schöner dargestellt werden kann; und
so hat ihre ideale Wahrheit in dem Gewände das die Phantasie
gewoben auch für die Kunst sich fruchtbar erwiesen bis auf die
Gegenwart.
Wie bei dem Tode von Cäsar und Augustus heißt es daß
die Sonne sich verfinstert habe da Christus am Kreuze hing; die
Natur trauert und leidet mit dem Menschen, der Zusammenhang
der sittlichen und natürlichen Weltordnung wird so durch die Ein-
bildungskraft ausgesprochen; Gott ist jetzt offenbar geworden, darum
heißt es daß der Vorhang vor dem Allerheiligsten des Tempels
zerrissen sei. Ein bildlich gedachtes Wort hielt der Hörer fest als
ob es ganz eigentlich und sactisch gemeint sei. Um die Jünger
vom Abgestandenen und Veralteten abzumahnen hatte Jesus gesagt
sie sollten sich vor dein Sauerteige der Pharisäer hüten; da sie
dies wörtlich nahmen, verwies er sie auf die Speisung der Tausende
in der Wüste, und dies gibt uns den Schlüssel zu deren Ver-
ständlich: eine Parabel ist zur Geschichtserzählung geworden; in
der geistigen Speisung sättigt Einer Tausende mit seiner Seeleu-
nahrnng, und wenn man dann Umfrage hält, siehe so ist mehr
vorhanden als er ausgegeben hat, denn jede empfängliche Seele
hat den mitgetheilten Gedanken ausgenommen, mit ihren Gedanken
verwoben und dadurch weiter entwickelt, sodaß die ursprünglichen
zwei Brote jetzt sieben Körbe füllen. Der selbst die Auferstehung
und das Leben ist, der Erwecken zum wahren Leben erhält nun
auch Macht über den leiblichen Tod, und der dem Geiste das Licht
bringt öffnet Blindgeborenen die Augen. Thatsächlich steht fest
daß die Jünger den Auferstandenen gesehen, daß Jesus verstörte
Gemüther beschwichtigt und daß Kranke bei ihm Genesung oder
Linderung gefunden. Daneben sehen wir durch Strauß erwiesen
daß vielfach alttestamentliche Typen auf Christus übertragen, pro-
phetische Erwartungen als buchstäblich erfüllt geschildert wurden;
aber wir sehen auch den mythenbildenden Trieb der Menschheit
wie Lei allen großen Männern der Vorzeit schon um die Wiege
des Heilandes neuschöpferisch geschäftig um in einer poetischen
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