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Kunstsalon Paul Cassirer [Hrsg.]; Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Schloss Crossen an der Elster: Möbel und Kunstgegenstände des 18. Jahrhunderts aus gräflich flemmingschen Fideikommiss-Besitz, Barock- und Rokokomöbel, Zimmer-Einrichtungen, Garnituren von Sofas und Stühlen, Tische, Schreibtische, Spiegel, Uhren, Beleuchtungskörper, Wandbespannungen, Öfen usw. der 1780er Jahre ; Versteigerung: 11.12.1928 — Berlin, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.24498#0014
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und G. M. Kraus, herausgegebenen „Journal des Luxus und der Mode n“.
Und wenn wir die ersten Jahrgänge dieser seit 1786 erschienenen Monatsschrift durchs
blättern, so finden wir, daß die dort gegebenen Anregungen in den Räumen des Crossener
Schlosses vollkommen zur Wirklichkeit geworden sind. Das gilt nicht nur im allge?
meinen von der Behandlung der Wände und Decken, der Wahl der Farben, den Möbel?
typen und dem „antiquen“ — wir würden heute sagen, klassizistischen — Geschmack,
der über die Gestaltung all dieser Dinge herrschte. Wir finden vielmehr gleich in dem
ersten Jahrgange ausführliche „Ideen zu einem Cramoisi ? Damastzimmer“, die man
ebensogut eine detaillierte Schilderung des in dem vorliegenden Kataloge beschriebenen
Roten DamastsZimmers (Nr. 115 ff.) nennen kann- In dieser Anweisung, wie
ein rotes DamastsZimmer, das „immer zu einem reichen und schönen Ameublement ge*
hört“, nach dem neusten Geschmack aussehen sollte, finden wir zunächst als Einfassung
der Seidentapete die „sanft blaßgrün (Verd de la Reine, oder Verd de Mer) lakirten“
glatten Leisten mit darauf befestigtem „antiquen Laubwerk“. In derselben Weise sind
die Türstücke gerahmt, die „auf dunkelgrünem Porphyrgrund“ eine „von einem guten
Künstler in Oel als Basrelief gemalte“ antikisierende Figurendarstellung zeigen. Bei
Hochformat werden in dieser Weise ausgeführte „Ovale antique Medaillons“ empfohlen,
wie wir sie hier als Füllung des Ofenschirms (Nr. 132) finden. Die Beschreibung des
Pfeilerspiegels und des zugehörigen Konsoltisches deckt sich fast völlig genau mit den
beiden hier vorhandenen (Nr. 116—119); auch hier sehen wir oben an dem grün
lackierten, mit vergoldetem Schnitzwerk verzierten Rahmen „ein schönes Laubwerk“,
das „an einem Ziernagel hängt“ in Verbindung mit „einer schönen antiquen runden
Gemme, ohngefähr 10—12 Zoll im Durchmesser, die Figur weiß geschliffen, auf grünem
geschliffenen Porphyr?Grund“. Aus dem gleichen Material ist die Platte des von „vier
antiquen unten verjüngten und reichverzierten Füßen“ getragenen Tisches, „l1/2—13/4 Zoll
stark“, jedoch „weiß mit roten Adern (welches Chinesischer Marmor ist)“. Die Lehnen
der Stühle sind „ein Medaillon“ und ebenso wie die Sitze, „versteht sich“, mit rotem
Damast gepolstert, die Gestelle zu „dem andern Ornemen passend“ geschnitzt, und
grün lackiert, und auch hier wie überall sind „alle erhabene Ornemens mit couleurtem
Golde vergoldet“. Dasselbe gilt natürlich für das Sopha. „Sonst müssen in ein solches
Zimmer, welches eine Art von Audienz?Gemach vorstellt, äußerst wenig Meublen gestellt
werden“, wie das hier auch geschehen ist. Bemerkenswert ist noch, daß als Beleuchtung
nicht eine Krone empfohlen wird, sondern „eine von den neuen englischen Glaslaternen
zu ein, zwei auch drey Lichtern, mit Bronze garniert, an einer dreyfachen BronzedCette
und einer rotseidenen Schnur mit reicher Quaste“.

Eine solche Laterne gehörte auch zu einem „kleinen Nebenkabinett oder Solitüde“,
dessen Schilderung wir weiterhin begegnen, und auch hier wieder finden wir schlagende
Übereinstimmung mit der Einrichtung des Crossener Boudoirs (Nr. 38 ff.). Die dort
empfohlene himmelblaue Atlastapete mit einer Bordüre von „einem dunklen, brennenden
Braun“ mit gemalten grauen Arabesken beschreibt das Crossener Inventar zwar nur als
„Blaupapiernene Tapeten mit weiß und pusser [puce] Bordirung“, und wenn man hier
auch darauf verzichtet hat, ein großes Wedgwood?Medaillon als Supraporte anzubringen,
wie es der Verfasser empfiehlt, so finden wir dafür an dem Sekretär (Nr. 39) und in der
Platte des Tischchens solche blamweißen Wedgwood?Plaketten- Auch die beiden Eck?
etageren (Nr. 41 und 42) haben ihr Gegenstück in zwei „Eckschränkchen“ der Be*
Schreibung, eine Benennung, unter der sie auch in dem alten Inventar verzeichnet sind.

Leider ist uns der Verfasser dieser Aufsätze die versprochenen Ideen zu einer
Bibliothek und zu einem Speisesaale schuldig geblieben, die vermutlich auch allerlei
 
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