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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0023
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—71 —

Bevölkerung der Stadt ein wahres Bedürfniß und würden als
monumentale Bauwerke erſten Ranges der Stadt zur höchſten
Zierde gereichen. Zu allen dieſen Bauten kamen außer den
laufenden Dienſtgeſchäften noch mehrfache andere Geſchäfte
durch Theilnahme an Preisgerichten, viele techniſche und ar-
tiſtiſche Gutachten und Superarbitrien innerhalb und außerhalb
des Landes.
Neben allen dieſen Arbeiten beſchäftigte aber auch noch in
den letzten Jahren ſeines Lebens den raſtlos thätigen Mann
die Abfaſſung eines von lange her vorbereiteten großen artiſti-
ſchen und literariſchen Werkes über den altchriſtlichen Kirchen-
bau. Es erſchien unter dem Titel: Die altchriſtlichen
Kirchen nach den Baudenkmalen und ältern Be-
ſchreibungen, und der Einfluß des altchriſtlichen
Bauſtyls auf den Kirchenbau aller ſpätern Perio-
den. Dargeſtellt und heransgegeben für Architek-
ten, Archäologen, Geiſtliche und Kunſtfreunde von
Dr. Hübſch, großh. bad. Baudirector. Carlsruhe.
1862. gr. Folio. 2 Theile: Atlas enthaltend 63 Platten nebſt
den Erklärungen und JJ. Text. Preis: 66 fl. Dem Verfaſſer
war es vergönnt, das Werk zu vollenden. Von den zehn Lie-
ferungen, welche daſſelbe umfaßt, ſind neun in der Hand der
Subſeribenten; von der zehnten Lieferung liegen die lithogra-
phirten Platten fertig vor; die letzte Lieferung wird in wenigen
Wochen ausgegeben werden. Mit dieſem Werke fand der Bau
des eigenen Lebens und Wirkens unſeres Meiſters ſeinen wür-
digſten Abſchluß und ſeine Krönung. Sobald es zur Verſendung
kommt, werden wir den Jnhalt und den hohen Werth deſſelben
unſern Leſern nochmals in Erinnerung bringen.

Wenn Hübſch dadurch auch bei manchen warmen Freunden
und um ſo mehr bei enthuſiaſtiſchen Bewunderern des gothiſchen
Bauſtyles Anſtoß erregte, ſo muß man dabei feſthalten, daß er
dieſes ſein Urtheil nicht aus irgend einer oberflächlichen Ge-
ſchmacks-Antipathie oder Sympathie gefaßt hatte, ſondern als
denkender Künſtler, als erfahrener Techniker und in Folge ei-
ner reichen Anſchauung und genauen Kenntniß der verſchiedenen
Bauſtyle, ſo wie eines eindringenden, oft wiederholten Nach-
denkens über den Gegenſtand. Dabei verkannte er das Groß-
artige des gothiſchen Styles keineswegs; nur gab er nicht zu,
weder daß der gothiſche Bauſtyl allein oder vorzugsweiſe den
chriſtlichen Charakter trage, noch daß er die einzige und höchſte
Entwicklung der chriſtlichen Baukunſt ſei, ſo wie er auch be-
kanntlich nicht ein reines und ausſchließliches Erzeugniß des deut-
ſchen Geiſtes iſt. Ueberdieß mußte für Hübſch als praktiſchen Bau-
meiſter auch der Koſtenpunkt der ſo viel koſtſpieligeren gothiſchen
Bauweiſe hervortreten.
Jn der Zeit nach dieſer Periode (in der Zeit 1848 bis
1863) ſind folgende Bauwerke als die bedeutendſten unter meh-
reren andern hervorzuheben: das Hoftheater in Carlsruhe, ein
organiſch geſtalteter ſchön geſchmückter Bau, auch durch ſeine
zweckmäßige innere Einrichtung der Gänge und Stiegen. Wenn
der innere Raum für die Zuſchauer bei einzelnen Veranlaſſun-
gen nicht groß genug ſein ſoll: ſo kann dafür den Baumeiſter
kein Tadel treffen, welchem dieſe Dimenſionen, über welche er
gerne hinausgegangen wäre, feſt vorgezeichnet waren. Ferner
gehören hierher der Wintergarten zu Carlsruhe, ein großer zu-
ſammenhängender Bau von Sälen, einer Orangerie und vielen
Gewächshäuſern; die Reſtauration und der Neubau der Vor-
halle des Speirer Doms; die Reſtauration des Conſtanzer Doms;
die katholiſche Kirche zu Ludwigshafen. Es waren dieſes Werke,
welche wie ganz beſonders das zuerſt genannte ſchon durch ihre Aus-
dehnung und techniſche Schwierigkeiten große Anſprüche an den
Baumeiſter machten. Meiſter Hübſch überwand nicht blos dieſe
Schwierigkeiten, ſondern wußte mit dieſer Löſung den Werken auch
die Weihe künſtleriſcher Schönheit zu geben. Eine Beſchreibung
dieſer Bauwerke müſſen wir uns hier verſagen; unſere Leſer
kennen ſie aus eigener Anſchauung, und diejenigen, bei welchen
dieſes nicht der Fall iſt, mögen, wenn ſie nur anders es ausführen
können zu dieſer eigenen Anſchauung zu gelangen ſuchen. Die
Baſilika zu Ludwigshafen mit ihren granitenen Säulen, wozu
unſer Murgthal den Stein geliefert hat, iſt gewiß eines der
gelungenſten Werke des Meiſters und ſo recht dazu geeignet,
die Jdeen deſſelben über den Kirchenbauſtyl anſchaulich zu ma-
chen. Einer der treueſten und beſten Schüler des Meiſters,
Hr. Bezirksbaumeiſter Feederle, welchem die Ausführung und
Ueberwachung der mehrere Jahre in Anſpruch nehmenden Bau-
ten zu Speier und Ludwigshafen vorzugsweiſe anvertraut war,
erwarb ſich um die glückliche Vollendung dieſer beiden Bauwerke
die größten Verdienſte. Außer jenen großen Bauwerken führte
Hübſch in dieſer letzten Periode noch eine Reihe anderer Bau-
werke aus und darunter mehrere Kirchen und Capellen zu Bruch-
ſal, Oberſäckingen, Rheinbiſchofsheim, Badenweiler, Kronau,
Kandern, Emmendingen, Bietigheim, Bühlerthal, Altſchweier.
Einige dieſer Bauten ſind noch in der Ausführung begriffen; zu
andern hier nicht genannten Kirchen liegen die zur Ansführung
genehmigten Entwürfe vor. Möchte doch eine Ausführung zu Theil
werden den drei Entwürfen großer Kirchen, nämlich einer biſchöfl.
Kathedrale zu Rottenburg, welchen Hübſch ſchon im Jahre 1834
fertigte, dann zweier Kirchen für Karlsruhe, einer evangeliſch⸗pro-
teſtantiſchen und einer katholiſchen. Dieſe Entwürfe werden nach
Grundriß, Durchſchnitt und perſpectiviſcher Anſicht in dem Werke
von Hübſch über altchriſtliche Kirchen mitgetheilt. Die erſtere der
beiden letztern Kirchen iſt in der Form einer Baſilika entworfen,
die andere als Kuppelbau; beide Kirchen ſind nach der jetzigen

JI. Eine Rundſchau in den Freiburger Kunſtwerkſtätten.
(Schluß.)
( Mit großem Jntereſſe betrachteten wir bei Herrn Glas-
maler Helmle das 26 Fuß hohe, prächtige Kirchenfenſter, das
an ſeinem Beſtimmungsorte, in dem Chor des Münſters zu
Villingen, gewiß einen überraſchenden Effect hervorbringen wird.
Der Carton des Gemäldes iſt von Hrn. Heinemann in Hü-
fingen gezeichnet: von Lichtglanz umfloſſen erſteht der Heiland
als Sieger über Tod und Hölle aus dem Grabe; zu den Füſ-
ſen des Erſtandenen erblickt man die vor Schrecken zu Boden
geſtürzten Wächter. Die ſorgfältige und gelungene Ausführung
dieſes Glasgemäldes, namentlich auch die von Hrn. Helmle
erfundene Ornamentik des Bildes, verdient volles Lob. — Hr.
Maler Weber iſt ſoeben beſchäftigt, einen Kreuzweg in die
Unzhurſter Kirche zu malen. Wir glauben erwarten zu dürfen,
daß das Werk ſeinem Zwecke entſprechen werde. — Eine im-
poſante Geſtalt trat uns jüngſt in dem Atelier des Hrn. Kunſt-
bildhauers Knittel vor Augen. Es iſt das über lebensgroße
Standbild des ſeligen Markgrafen Hermann von Baden, für
das Portal der neuen katholiſchen Kirche in Emmendingen be-
ſtimmt. Die beiden charakteriſtiſchen Eigenſchaften, welche den
in der Blüthe der Mannesjahre verewigten Seligen in ſo ho-
hem Grade auszeichneten, ritterlicher Sinn und innige Fröm-
migkeit, ſind in der von Knittel gearbeiteten Heldenfigur vor-
trefflich ausgedrückt. Dieſe Statue bildet ein treffliches Gegenſtück
zu dem von demſelben Meiſter geſchaffenen Monument des
Berthold Schwarz auf dem hieſigen Franciscanerplatz, das nicht
nur der hieſigen Stadt zur Zierde gereicht, ſondern auch von
auswärtigen Kunſtfreunden mit großem Jntereſſe betrachtet wird.
Es freut uns hier erwähnen zu können, daß ein competenter
Kunſtrichter, König Ludwig von Bahern, bei ſeiner letzten An-
weſenheit in Freiburg Hrn. Knittel ſeinen vollen Beifall über
dieſe Arbeit ausgeſprochen hat. — Auch die übrigen hieſigen
Bildhauer erfreuen ſich ſtets ehrenvoller Beſtellungen und ſuchen
 
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