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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 8.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.7147#0012
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 96.

Domine dloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

December 1869.

Das Rreuz als Signatur des chriſtlichen Kirchenbaues.

künſtleriſche Anordnung. Jmmerhin mochte Auguſtinus an dem
rte, wo er ſprach, eine ſolche vor Augen haben. Den eigent-
lichen Grund finde ich in einer alt-chriſtlichen kosmologiſchen
Anſicht, die von dem hl. Baſilius d. Gr. ausgeſprochen wird.')
Bevor das hölzerne Kreuz errichtet wurde, ſei ein geiſtiges Kreuz
in dem Weltgebäude ausgebreitet worden, wodurch die vier
Theile des Ganzen in der Mitte zuſammengefaßt werden nnd
die Kraft der Mitte nach allen vier Seiten hin ſich erſtrecke. 3)
Dieſer an vielen Stellen bei den Kirchenvätern wiederkehrende
Gedanke fließt aus einer andern Vorſtellung, die ebenfalls ſehr
häufig angetroffen wird, daß alles Erſchaffene Träger und an-
deutendes Vorbild der geiſtigen Welt ſei. Die Kirchenväter
beziehen auf die Dimenſionen des Kreuzes die Stelle des Epheſer-
Briefes JJJ, 2. wo der Apoſtel ſagt, daß er ſeine Kniee beuge
vor Gott: ,,auf daß ihr begreifen möget mit allen Heiligen,
welches da ſei die Breite und die Länge, die Tiefe und die Höhe.''
Die Verherrlichung des Kreuzes an der den Himmel nach-
bildenden Ueberdachung des Kirchengebändes iſt weiter angeregt
worden durch die Stelle des Briefes an die Koloſſer J, 19 ff.,
wo es in Bezug auf den Heiland heißt: ,,Es iſt das Wohl-
gefallen geweſen, daß in ihm alle Fülle wohnen ſollte, und
Alles durch ihn verſöhnet würde zu ihm ſelbſt, es ſei auf
Erden oder im Himmel, damit daß er Frieden machte, durch
das Blut an ſeinem Kreuze, durch ſich ſelbſt.'' Dieſe Stelle
finde ich bei einem alt-chriſtlichen Kunſtwerke unverkennbar be-
rückſichtigt, nämlich auf einer zu Gaza aufgeſtellten Welttafel. Ju
der von einem Dichter, Johannes,') gelieferten Beſchreibung

Von dem zweiten Decenuium des JV. Jahrhunderts an,
wo der Aufführung freiſtehender chriſtlicher Kirchengebäude kein
Hinderniß mehr im Wege ſtand, tritt uns überall das Beſtreben
entgegen, die geheiligte Beſtimmung derſelben dem Beſuchenden
gleich beim Eintritte kund zu geben, während der ſchlichte, einſache
Außenbau derſelben noch durch keine auszeichnende Verzierung
dieſen Zweck erfüllte. Jn fruhen römiſchen Baſiliken, z. B.
der des Apoſtels Paulus vor dem Thore von Oſtia, iſt das
Zeichen des Kreuzes, in der Form eines griechiſchen T, durch
die um ein Weniges über die Manern des Langhauſes hervor-
tretenden Arme des Querſchiffes kenntlich gemacht. Bei zahl-
reichen anderen iſt das gleichſeitige griechiſche, nachmals das
lateiniſche, Kreuz ebenfalls dem Grundriſſe eingeſchrieben, und
durch die Stellung der Säulen im Jnnern des Gebäudes ver-
anſchaulicht worden. Ein Beiſpiel hievon gibt uns das Kirchlein
bei Rom, in welchem Conſtanza, eine Tochter Conſtantin d. Gr.,
beigeſetzt wurde.
Bei der weitern, prachtvollern Entfaltung des Jnnern der
chriſtlichen Kirchen blieb man bei dieſem architektoniſchen Sym-
bolismus nicht ſtehen. Das Kreuz, wie es als die Grundlage
des Banes in der beſagten Weiſe hervorgehoben worden war,
wurde auch als Schlußſtein des ganzen Gebäudes durch ein
Moſaik-Gemälde in der Mitte der überwölbenden Kuppeln dar-
geſtellt. Jn einer Homilie des hl. Auguſtinus heißt es: ,Wohlan
denn, Brüder, ſeid ihr nun mit Chriſto auferſtanden, ſo ſuchet,
was droben iſt, da Chriſtus iſt, ſitzend zu der Rechten Gottes.
Trachtet nach dem, das droben iſt, nicht nach dem, das anf
Erden iſt. Deßhalb iſt auch Chriſtus, unſere Grundlage, dort
hingelegt, daß nach der Höhe hin wir auferbant werden. Wie
nämlich bei dem Aufbau irdiſcher Maſſen, deren ſchwere Körper
nur nach der Tiefe ſich ſenken, die Grundlage in der Tiefe gelegt
wird, ſo iſt im Gegentheil für uns der Stein des Fundamentes
in der Höhe gelegt, auf daß er uns mit der Schwere der Liebe
dahinauf ziehe.'' 9) Aber nicht eine ſolche ethiſche, dem Kirchen-
vater individuell angehörige Betrachtung beſtimmte die fragliche

) Comment. in Esaiam Proph. cap. XJJ. Opp. Ed. Paris 1721. .
J. p. 569 d. — M. vergl. Firmie. Mater. de errore profan. relig.
o, 21. und die dazu von Oehler bemerkten Parallelſtellen.
) Die Anſichten auf welche der Kirchenlehrer anſpielt, ſind diejeni-
gen, welche die kosmologiſchen Auffaſſungen Plato's mit der Lehre
der hl. Schrift in Uebereinſtimmung zu ſetzen bemüht waren. (aehaei
Ohristiaui Oonsnltationum Lib. 1 cap 5. — Plato — quem doctissimum
ae sapientissimum perhibetis, cum de revelanda Christi majestate loque-
retnr, his verbis etiam signum illius intimavit, futurum astruens Deum,
enjus siguum cireumrotundum datum et decussatum est. — Migne
Patrol. Lat . XX. eo1. 1075.)
Pauli Silentarii Deseriptio magnae ecclesias et ambonis et oannis
Gaei Deseriptio tabulae mundi. Ree. Fx. Gasfe. Lips. 1822. (V. 40.
sq.

) Serm. CXXXVIII. cap. IV. n. 4
 
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