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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 8.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.7147#0024
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 87.

Domine diloxi decorem domus tua. Ps. 25, 8.

März 1869.

I. Die Kirche des hl. Polyeukt in Conſtantinopel.
— (Schluß.)

liche, von mehrfachen Linien eingerahmte Quadratflächen abge-
theilt werden. Bei den beiden äußeren Feldern kommen nur
dieſe trennenden Motive vor; die beiden inneren werden noch
außerdem von vier Trophäen eingefaßt. Von dieſen zeigen die
beiden nach außen errichteten ein an der Mitte einer Stange
befeſtigtes Labarum, ohne jedwede Verzierung; über demſelben
ſieht man zwei Köcher, darunter gekreuzte Schwerter, am Boden
einen Helm. An den nach der Mitte hin befindlichen Trophäen
iſt ein Waffenrock aufgehängt ſammt Beinſchienen, darunter
weniger deutliche Rüſtungsſtücke. — Das äußerſte Feld zur
Rechten des Beſchauers zeigt uns einen hiſtoriſchen Vorgang,
der eine, wie ich glaube, kein Bedenken geſtattende Deutung
erlaubt. Auf einem Suggeſtum ſteht (lorbeerbekränzt?) ein Feld-
herr, hinter ihm eine andere Figur in einem wallenden Ober-
kleide. Vor der Bühne erblickt man zwei kleinere Geſtalten,
die zu dem Feldherrn herantretenden Vorredner des Heeres, über
deren Köpfen ſieben Lanzenſpitzen (die von den im Hintergrunde
vorausgeſetzten Kriegern getragen werden,) in die Höhe ragen.
Auf der mittlern Lanze iſt ein abgehauener Kopf aufgeſteckt,
der dem Feldherrn entgegengehalten wird. Der Raum unter-
halb der Lanzen wird von dem Vordertheile eines Roſſes aus-
gefüllt. Dargeſtellt iſt der Vorgang, welchen die Lobrede eines
ungenannten Verfaſſers, die gegen das Ende des Jahres 313,
vielleicht zu Trier, zu Ehren Conſtantin's geſprochen wurde,
in Erinnerung bringt. Nachdem der Leichnam des bei der
Milviſchen Brücke, wo die Schlacht zwiſchen Conſtantin und
Maxentius ſtattfand, umgekommenen Maxentius aus dem Tiber-
fluſſe hervorgezogen worden war, wurde der vom Rumpfe abge-
hauene Kopf auf die Spitze eines Speeres geſteckt, in der Stadt
unter dem lauten Hohne des Pöbels herumgetragen und dem
Conſtantin vorgezeigt.')
Auf dem Mittelfelde ſehen wir, nach links gewendet, einen
belorbeerten Kopf. Wir werden an das umkränzte Kaiſerbild
erinnert, welches Conſtantin gleich nach ſeiner in England er-
folgten Erhebung zum Cäſar nach Rom geſandt hatte. ) Auf

Die in Stuck ausgeführte Decoration der Wände zerfällt,
wie man auf Taf. XXJ. ſieht, in zwei Hälften, welche in merk-
würdiger Weiſe durch ein Kleinbogen⸗Geſimſe von einander geſchie-
den ſind, welches die Bekrönung einer Reihe von je 6korinthiſchen
Pilaſtern fingirt. Daß die ganze Wandverzierung eine antike
Arbeit iſt und das Kleinbogen-Geſimſe nicht etwa in einer ſpäteren
Zeit hinzutrat, kann nicht bezweifelt werden. Das auffallende
Kleinbogen-Geſimſe iſt übrigens in der erſten chriſtlichen Kaiſer-
zeit keine vereinzelte Erſcheinung, ſondern wird, wie Hübſch
bemerkt, auch an dem zu Conſtantinopel erhaltenen Fußgeſtelle
der Ehrenſäule des Kaiſers Theodoſins J. wahrgenommen. Der
genannte Gelehrte conſtatirt die für die Geſchichte der Baukunſt
ſehr wichtige Thatſache, daß das anfangs als decorative Form
auftretende Kleinbogen-Geſimſe bei den Monumenten von Ravenna
durch die Verbindung, worin es dort mit den Liſenen gebracht iſt,
einen conſtructiven Charakter annimmt, mit welchem es in die
romaniſche Architektur übergeht.
Oberhalb und unterhalb des trennenden Simſes zerfallen
die Decorationen in je zwei Abtheilungen, unten in eine tragende
und eine getragene, oben in von den Fenſtern unterbrochene Wand-
flächen, welche von einem krönenden Streifen abgeſchloſſen werden.
Nicht alle Darſtellungen, welche anfangs zu ſehen waren, ſind
erhalten. Bon den auf uns gekommenen laſſen nur Einige eine
völlig ſichere Deutung zu. Ueber die räthſelhafteren Darſtel-
lungen glaube ich mit kürzeren Angaben weggehen zu dürfen.
Jn dem Ganzen dieſer Decoration ſehe ich die Verherrlichung
eines ſiegreichen Feldzugs, und ohne Bedenken ſpreche ich es
aus, des Sieges, den Conſtantin d. Gr. über Maxentius er-
focht. Die Beziehungen, die Ciampini auf die Geſchichte des
Triumvirs Marc Anton hat finden wollen, bilden eine zu ge-
zwungene, zu willkührliche Hypotheſe, als daß ihr Glauben geſchenkt
werden könnte. Wir ſind gewiß genöthigt, bei der Erklärung die
Zeitumſtände zu erwägen, welche von dem Gründer Junius
Baſſus zunächſt berückſichtigt wurden.
Beginnen wir unſere Umſchau mit dem unterſten Decorations-
Streifen. Dieſer beſteht aus fünf Feldern, welche durch läng-

) Vgl. Zosim. JJ, 17. Praxagor. bei Phot. Cod. 62. Anony
VaIes. n. 12
Zosim. JJ. 9
 
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