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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 8.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.7147#0041
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe reiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 91.

Domine dloxi docorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Juli 1869.

Die Darſtellung des Erzengels Michael in der chriſt-
lichen Kunſt.

der von dem Himmel herabſteigt mit dem Schlüſſel des Ab-
grundes und mit einer großen Kette in der Hand, und den
Drachen, die alte Schlange faßt, ſie in den Abgrund ſtürzt
und ſie dort einſchließt. Der Name Michaels wird an der
letztern Stelle nicht genannt; aber nach der allgemein ange-
nommenen Anſicht iſt er hier zu verſtehen. Ebenſo ſehen manche
Ausleger in dem ungenannten Engel, der bei dem Durchgang
der Jsraeliten durch das rothe Meer ihnen voranſchritt, und
ſonſt einige Male (Exod. XJV, 19) gleichfalls den Erzengel
Michael.

Wenn über die Darſtellung einer überirdiſchen Perſönlich-
keit, oder einer menſchlichen Perſönlichkeit aus dem bibliſchen
Kreiſe oder aus dem Kreiſe der Heiligen in der chriſtlichen Kunſt,
gründlich und ausreichend gehandelt werden ſoll, ſo iſt jedes-
mal folgender Weg einzuſchlagen: 1) es iſt der Charakter und
die Bedeutung der betreffenden Perſönlichkeit aus der Lehre der
Kirche, aus der Bibel, aus Geſchichte und Sage darzulegen;
2) es iſt anzugeben wie dieſelbe in dem Cultus erſcheint; 3) wie
in der chriſtlichen Poeſie; 4) wie die betreffende Perſönlichkeit
auf Grund und in Folge der unter 1-3 angegebenen Momente
in der bildenden Kunſt (Malerei und Sculptur) dargeſtellt wird,
nnd wie ſie etwa auch noch in dem Kreiſe anderer ſchönen
Künſte (Architektur und Muſik) in Betracht zu ziehen iſt.
Es ſoll in dem vorliegenden Aufſatze der Verſuch gemacht
werden, die Skizze einer Abhandlung nach dem oben angedeu-
teten Plane zu geben über die Darſtellung des Erzengels Mi-
chael in der chriſtlichen Kunſt.
1) Jn dem Alten Teſtamente kommt Michael (d. h. Wer
iſt wie Gott?) vor in der Erzählung einer Viſion des Pro-
pheten Daniel (X. 13 u. 21.) und zwar als ein Schutzgeiſt
(Engel, rinceps in der Vulgata) des Volkes Jsrael gegen
den Schutzgeiſt (Princeps) der Perſer. Auch wird deſſen Schutz
dem Volte Ssrael bei einer großen Kataſtrophe zugeſagt. (Ebend.
XJJ. 1.)

Aus dem Gebiet der Legende ſind anzuführen mehrere Er-
ſcheinungen (Apparitiones) des Erzengels, welche Veranlaſſun-
gen zur Gründung mehrerer berühmten Wallfahrtskirchen ge-
geben haben. Von dieſen Legenden ſoll weiter unten die Rede
ſein unter der folgenden Rubrik: Cultus.
2. Jm Cultus kommt der Erzengel Michael vor: in der
Meßliturgie; in dem Feſtkalender; bei der Dedication von
Kirchen auf ſeinen Namen.
Jn dem Offertorium der gewöhnlichen Seelenmeſſe wird
für die Abgeſchiedenen gebetet zu Chriſtus: animas omnium
fidelium libera de ore leonis, ne absorbeat eas tartarus,
ne cadant in obscurum, sed signifer sanctus Michael re-
praesentet eas in lucem sanctam.
Aus dem Feſtkalender gehören folgende Feſte hierher: a) Er-
ſcheinung des hl. Erzengel Michael den 8. Mai. Dieſe Er-
ſcheinung fand ſtatt auf dem Berge Garganus, in Süditalien,
in Appulien, zur Zeit des Papſtes Gelaſius (498.) Es wurde
dort eine Kirche ihm dedicirt, welche ein berühmter Wallfahrts-
ort wurde. Jn dem Officium dieſes Tages in dem Brevier
werden die bibliſchen Stellen über den hl. Michael als Ueber-
winder des Teufels angeführt oder es wird darauf angeſpielt, wie
in dem Hymnus (Explicat victor crucem Michael salutis
Signifer). Er wird ferner angeführt als neben dem Throne
Gottes ſtehend mit einem goldnen Rauchfaſſe; als ,,Hülfe des
Volkes''; als ,,Vorgeſetzter des Paradieſes''; als ,,Bote Gottes''
als ,,Hülfe für die Seelen derGerechten''; als ,,Fürſt über die Auf-
nahme aller Seelen.'' Jn einem audern Hymnus ebendaſelbſt
ſollte offenbar in der 2. Strophe (Angelus pacis Michael)
ſtatt Michael ſtehen Gabriel und umgekehrt in der 3. Strophe

Jn dem Neuen Teſtamente erſcheint Michael überhaupt als
hilfreicher und ſiegreicher Beſchützer gegen das böſe Princip.
Es wird in dem Briefe des Apoſtels Judas Thaddäus (a.
a. V. 9) angeführt, daß der Erzengel Michael gegen Satan
um den Leichnam Moſes ſtritt. Es iſt dieſes eine Sage, welche
auch in dem apokryphiſchen Buche Henoch vorkommt.
Beſonders tritt der Erzengel Michael in der Offenbarung
Sohannis hervor, und zwar zuerſt in derjenigen Viſion, wo
die himmliſche Frau erſcheint, und wo Michael mit ſeinen Engeln
den großen Drachen, die alte Schlange, welche Teufel und Satan
genannt wird, bekämpft. (Cap. XJJ. V. 7 9); dann bei
der Viſion (Cap. XX, H u der Seher einen Engel ſchaut,
 
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