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— 156 —

herbeigeführten Bedrängniſſe, der Hauptſitz Galliens hatte ver-
legt werden müſſen. Honorius erneute, wie er in ſeinem Edikte
ausſagt, eine frühere, in Verfall gekommene Einrichtung Da
nichts uns hindert anzunehmen, daß ſolche Verſammlungen in Trier,
ſo lange dieſe Stadt, von den Zeiten Conſtantin des Gr. an, die
Hauptſtadt Galliens war, ſo liegt die Vermuthung nahe, daß die-
ſelben in den großge meſſenen Räumen der noch heute erhaltenen
Baſilike zuſammentraten. — Die Concilien ſchloßen ſich in
ganz natürlicher Weiſe den äußeren Einrichtungen der Provinzial-
verſammlungen an und benutzten, wie es bei den Triklinien des
Lateran zu Rom der Fall war, entſprechende Lokalitäten. Durch
eine willkührliche Ausdehnung des berührten Geſetzes läßt Biſchof
Hinkmar von Rheims ſogar regelmäßige politiſche und kirch-
liche Verſammlungen von Honorius nach Arles zuſammenbe-
rufen werden.')

wurden. Gaſtmähler an den Tagen, wo feierliche Gelübde für
die Wohlfahrt der Kaiſer ſtattgefunden hatten, wurden noch unter
Theodoſius J. begangen, von ſeinem Sohne Honorius aber im
Jahre 408 unterſagt. Die betreffenden Gebäude eignete der
Staat ſich an; die Einkünfte wurden fortan für die Bedürfniſſe
des Heeres verwendet.) Die Feſte, welche der Sieg über
Maxentius veranlaßt hatte, an dem Tage der Schlacht (Evio-
tio Tyranni) und dem des Einzuges Conſtantin's in Rom,
(Adven. divi), ſind in dem Kalender des Philokalus, aber
nicht mehr in dem im Jahre 450 abgefaßten des Polemius Syl-
vius verzeichnet. Das Gebäude, das keinem Zwecke mehr
diente, wurde in einer bald folgenden Zeit dem Heermeiſter
Flavius Valila zugeſprochen. Was von dem Leben und
Wirken dieſes Mannes zu ermitteln iſt, — das, was wir von
der Ausſchmückung der Baſilike, nachdem ſie zu einem chriſt-
lichen Heiligthum geworden war, wiſſen können, ſowie die Erzäh-
lung der ſpätern Schickſale des Gebäudes, bleiben einer künftigen
Mittheilung vorbehalten.

Dies irae.

Durch freundliche Mittheilung bin ich in den Stand ge-
ſetzt, nachträglich anzugeben, was in dem angeführten Aufſatze
des Hrn. v. Ortigue über die Geſchichte der berühmten Se-
quenz verhandelt iſt. Der Vf. zählt die lange Reihe der mittel-
alterlichen Schriftſteller auf, welchen man die Ehre hat zu-
erkennen wollen, die in unbeſtrittener Herrſchaft gebliebene Ab-
faſſung des fraglichen Kirchenliedes gedichtet zu haben. Dann
ſpricht er die Geſchichte deſſelben betreffend ſeine Ueberzeugung
dahin aus, das Lied Dies irae ſei keineswegs das Erzeugniß
eines einzelnen Verfaſſers, ſondern in Wirklichkeit eine bereits
in ferner Vorzeit weit verbreitete Schöpfung, das Werk unter-
ſchiedlicher Männer und Zeiten, deſſen Grundlage und vor-
nehmlichſten Züge längſt vorhanden waren, bevor dasſelbe in den
beſondern Liturgien irgend eines Kloſters oder eines kirchlichen
Sprengels in einer feſtbeſtimmten Weiſe hervortrat. Die jetzt
überall verbreitete Redaktion ſei vorbereitet in dem von Paulin
Blane zu Montpellier entdeckten Hymnus, allein der Entwurf
und der Gedankengang träten noch beſtimmter in einem die
Ueberſchrift: Versus de die judicii führenden Gedichte hervor,
welches Hr. Bottée von Toulmon in einer aus der Abtei St.
Martial ſtammenden Handſchrift aufgefunden habe, welche ſich
dermalen auf der kaiſerlichen Bibliothek zu Paris befindet. (An-
cien Fonds. Nr. 1154.) Das Gedicht beſteht aus ſogenann-
ten rhythmiſchen, achtfüßigen Verſen von welchen je 6 eine
Strophe ausmachen. Herr von O. theilt eine Strophe und
den Anfang einer folgenden mit.
(Cum ab igne rota mundi tota eoepsrit ardero,
Sasva flamma coneromare, eoelum ut liber plicare,
Finis sasculi venire.

Wenn es mit der Beſtimmung, die ich dem von Junius Baſſus
gegründeten Bau zugeſprochen habe, ſein richtiges Bewenden
hat, ſo darf derſelbe in dieſem Betracht mit dem in ſeinem
Obergeſchoße von Fenſtern durchzogenen ägyptiſchen Speiſeſaale
zuſammengeſtellt werden, deſſen Aehnlichkeit mit einer Baſilika
von Vitruv hervorgehoben worden iſt. Jn Anbetracht des
Umſtandes, daß das römiſche Gebäude durch keine Säulenreihen
gegliedert wurde, ſondern nur eine einſchiffige Baſilike bildete,
läßt ſich dasſelbe in eine Klaſſe mit den großartigen Triklinien
bringen, welche in Nro. 83 und 84 dieſer Blätter beſprochen
worden ſind. Jch erlaube mir, was dieſe angeht, noch die fol-
gende Bemerkung. Bezüglich der Vorbilder und Veranlaſſungen,
welche in Betreff dieſer, und namentlich der koloſſalen Baſilike
zu Trier, in Erwägung gezogen zu werden verdienen, mache ich
auf die baulichen Anlagen aufmerkſam, welche in römiſcher
Kaiſerzeit für die Abhaltung der Provinziallandtage benutzt wur-
den. Von dieſen iſt namentlich in zweien, von dem Kaiſer Theo-
doſius im J. 392 (zunächſt für Jllyrien) erlaſſenen Geſetzen
die Rede.2) Die Verſammlungen ſollen in einem öffentlichen
Gebäude, oder in einer Abtheilung des Forum, in einem für
die Aufnahme einer zahlreichen Menge geeigneten Raume ſtatt-
finden. Von einem ſolchen, wie es ſcheint, ſpeziell für dieſe
Zwecke errichteten Gebäude zu Edeſſa iſt in einem früheren
Erlaſſe deſſelben Kaiſers vom J. 382 die Rede.) Dieſes
Gebäude, in welchem größere Volksmaſſen, namentlich bei den
Gelübde⸗Feierlichkeiten zuſammenſtrömten, war, da es wegen der
daſelbſt aufgeſtellten heidniſchen Bildwerke der chriſtlichen Behörde
Anſtoß gegeben hatte, geſchloſſen worden; Theodoſius befahl,
daß es wiederum zugänglich gemacht und daß die fragliche Feier
in demſelben ihren Fortgang nehmen ſollte. Der gelehrte Com-
mentar des Gothofred zählt die Veranlaſſungen auf, bei
welchen das Gebäude beſucht wurde; insbeſondere werden die
Verſammlungen der Curie und der Provinziallandtage, die
gelegentlichen öffentlichen Feſtmahle, die Feierlichkeiten an den
Kalenden des Januar uud bei der Darbringung der Vota
am dritten Tage dieſes Monates hervorgehoben. — Die Ver-
ſammlungen aus den ſieben Provinzen zwiſchen der Loire und
dem Mittelmeer, dem Ocean und den Alpen wurden bekanntlich
im J. 408 von dem Kaiſer Honorius nach Arles zuſammen-
berufen, wohin in Folge der durch die Einfälle der Barbaren

Dies iras, dies illa, dies nebulas at oaliginis,
Dies tnbae et clangoris, dies luctus et tremoris,
Quando pondus tenebrarum cadet super peccatores

Qualis pavor tunc aderit quando rex iratus venerit ete.)
Es unterliegt keinem Zweifel, daß es weſentlich daſſelbe
Gedicht iſt, welches auch in den beiden Brüſſeler Handſchriften
enthalten iſt. Die zahlreichen Varianten führen zu dem Schluſſe,
daß das Gedicht aus der Erinnerung oder nach einer münd-
lichen Tradition niedergeſchrieben wurde. Mit den Worten Dies
irae beginnt die zweite Strophe; die erſte diente als Einleitung.
Die ſpätere Bearbeitung hat die einleitenden Verſe über-
ſprungen.

) M. ſ. Gothofred zu C. 17 et. 19 Ood. Tnoodos. XVJ, 10. De
Pagnis.
) L. 12. 13. Cod. Tood. XII, 12. De Deourionib.
) L. 8. Cod. Thoodos. XVJ, 10. De Paganis.

) Ep. XXX. cap. 18. Mgne, Patrol. Lat. T. XXV. eol. 200.)

Verantwortliche Redaetion: Dr. Stephan Braun. — Druck und Verlag von J. Dilger in Freiburg
 
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