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glauben sagen zn können, daß den Künstler unseres Bildwerks, Karl Konstantin
Starck in Berlin, der ernste Wille beseelt hat, den darzustellen, der da ist nnd
der da war nnd der da kommt. Echt menschlich ist die äußere Erscheinung;
modern in der Durchbildung vom Kopf bis zu den Fingerspitzen ist sie der
Spiegel eines im Empfinden und Wollen reichen Innenlebens, ohne daß ihr
das Siegel hoheitsvollen Geistes fehlt. Der beinahe nervösen Sensibilität dieses
Kopfes hält der breite, mächtige, wohl abgewogene Faltenwurf des Gewandes in
schöner Weise das Gegengewicht. Wir fühlen, diese Gestalt mit ihrem tiefen
Blick hat eine Vergangenheit, in der sie gelitten nnd überwunden hat, sie hat
eine Zukunft, ein Recht an den, welchen sie so durchdringend und doch zugleich
so milde anblickt. Freundlich lädt sie durch die Geberde der linken Hand zu sich
ein und segnet mit der Rechten den, der sich von diesem Blick der Wahrheit
durchleuchten, von dieser sich selbst hingebenden Liebe überwinden läßt.
Aber den Künstler des Bildwerks sind uns folgende Notizen freundlich zur
Verfügung gestellt worden.
Karl Konstantin Starck, geboren den 18. Febr. 1866, stammt aus Riga
in Livland nnd ist der jüngere Bruder des ch Johannes Starck, von dessen
„Christnskopf" das „Christliche Kunstblatt" im Aprilheft des Jahrgangs 1893
eine Wiedergabe gebracht hat („Es ist vollbracht!"). Konstantin Starck besuchte
in Stuttgart das humanistische Karlsgymnasium bis zur Prima und trat dann,
nachdem in ihm durch das ermunternde Urteil des Professors Grünenwald
der längst gehegte Wunsch, Bildhauer zu werden, zum festen Entschluß heran-
gereift war, im Herbst 1885 in die Kgl. Kunstschule zu Stuttgart.
Nach einem Jahre begann Starck das Fachstudium unter Professor von
Donndors nnd vollendete es in Berlin unter den Professoren A. Wolff,
F. Schaper, E. Herter nnd K. Begas. Der letztgenannte Künstler ge-
währte ihm im Sommer 1891 den Eintritt in sein Meister-Atelier. In Stutt-
gart wurde ihm für eine modellierte Skizze die Prämie und in Berlin für seine
Fortschritte und Leistungen in der Modellierklasse der erste nnd zweite Preis zu
teil. Auf der großen Berliner Kunstausstellung 1892 erhielt er für seine Figur:
„Flötenspieler" die „Ehrenvolle Erwähnung."
Nachdem Starck für eine befreundete Familie in Berlin ein Grabdenkmal
mit einer Büste auf dem Matthäi-Kirchhof errichtet hatte, empfing er im
Jahre 1893 von Professor Otzen, dem Erbauer der Lutherkirche auf dem
Dennewitzplatze in Berlin, den Auftrag, eine Christnsstatue für dieses Gottes-
haus zu modellieren. Dieselbe ist in gebranntem Thön ausgeführt und über
dem Tnrmportal aufgestellt; unter derselben stehen links der Apostel Johannes
von Haverkamp nnd rechts der Apostel Matthäus von Pfannschmidt, beide beim
Niederschrciben des heiligen Evangeliums zum Herrn aufblickend. Gegenwärtig
arbeitet Starck an einem Grabdenkmal für eine befreundete Familie in Stutt-
gart. Dasselbe stellt unsere christliche Hoffnung in ihrer Erfüllung dar und
wird wahrscheinlich in diesem Jahre in der genannten Stadt ausgestellt werden.
 
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