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ausgezeichneter Schönheit ist das Marienbild über der Thür an S. Angelo.
Am Gewand des Pantokrator tritt Vorliebe für Schillerfarben stark hervor.
Ganz denselben Stil zeigen die Apsisbilder der oben angeführten Abteikirche
S. Maria della Libera aus derselben Zeit. (Salazaro tav. kl).
An den Unterwänden, in den Seitenschiffen war die alttestamentliche Ge-
schichte geschildert. Die Reihe begann, wie es scheint, an der Südseite im Osten
mit der Schöpfung und lief in zwei Reihen bis zum Abschluß an der Nord-
apsis. Man erkennt noch manche Scenen aus den Büchern Genesis und Richter:
Die Kompositionen scheinen den entsprechenden in Monreale zu gleichen. Auch
Legendarisches wie das Martyrium des heiligen Georg ist noch wahrzunehmen.
Den unteren Abschluß bildete ein gemaltes Verzeichnis der Äbte von Monte
Cassino, Brustbilder in Rundschildern.
Die Westwand des Mittelschiffs nimmt das Bild des Weltgerichts ein, den
Hinausgehenden zur Mahnung.
Die Scheidbögen des Schiffs sind an der Laibung dekoriert mit gemalten
Ranken von immer neuer Zeichnung, aus Vasen wachsend. An den seitlichen
Oberwänden im Mittelschiff sind zu unterst, in den Zwickeln zwischen den Scheid-
bögen in Gauzfiguren die Propheten dargestellt, sechzehn an der Zahl, darunter
Moses, Bileam, David, Salomo und dazu die Sibylle, deren älteste Abbildung
wir hier vor uns haben. Jedes hält in Händen eine offene Rolle mit seinem
biblischen Prophetenspruch (deren Texte bei Kraus). Offenbar verbindet diese
Gestaltenreihe die Geschichten aus dem Alteu Bund an den Unterwänden mit
denen aus dem Neuen an den Oberwändeu. So erscheinen sie schon im Evangelien-
buch von Rossano, das um 500, vielleicht in Süditalien selbst entstanden ist, als
Sprecher unter den evangelischen Bildern. Sie erscheinen hier in S. Angelo
gleichfalls echt griechisch nach Gestalt und Kleidung. Die Reihe wird als ältestes
Bilddenkmal des Prophetenspiels in Anspruch genommen. I An den Wand-
flächen darüber erblickt man in umrahmten Feldern von ungleicher Breite Bilder
aus dem Leben Jesu Christi uach den Evangelien. Von ungefähr sechzig ist der
dritte Teil zu Grunde gegangen. An jeder Seite waren es drei Streifen über-
einander, die Reihe begann wohl zu oberst an der Südwand beim Altar und
schloß nach dreimaligem Umlauf von links nach rechts unten an der Nordwaud
wieder beim Altar. Ebenso gehen in den griechischen Kirchen die Bilderreihen
vom Diakouikon bis zur Prothesis.
Unter jedem Bilderstreifen lief (wie auch bei den alttestamentlichen Bildern)
ein Schriftsries mit lateinischen Epigrammen (tituli) zum Teil metrischen in der
sogenannten leonischen Form. Die Lesung derselben (am besten bei Kraus) ist
unvollständig. Die Bruchstücke verraten keine Zugehörigkeit zu irgend einem sonst
bekannten Cyklus.
Die Folge mag drei Abteilungen umfaßt haben, die sich aber mit der räum-
lichen Einteilung nicht völlig deckten. Sie bezogen sich auf die Jugend, das Wirken
(Wunder und Gleichnisse) und das Leiden (samt der Vollendung) des Herrn.

y P. Weber, Geistliches Schauspiel und kirchliche Kunst 1894.
 
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