Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
18

Auch hier haben wir das Ziellose, nach innen Gewendete im Blick der
Maria, wie schon bei der Madonna an der Treppe. Nur ist — sagt Frey
richtig in seiner eingehenden Analyse - die Starrheit, welche jenem Früh-
werk anhaftete, überwunden. Es ist von intimem Reiz, wie die Finger
der rechten Hand sich in das Tuch drücken unter der Last des Leichnams.
Dieser ist wundervoll gebildet, ganz starre, willenlose Masse, alle Gelenke
gebrochen, alles der Wirk-
lichkeit nachempfunden,
doch keineswegs hölzern
steif, wie z. B. auf Peru-
ginos Bild. Das be-
wundernswerteste ist aber,
wie „diese Fülle von Rich-
tungen, Kontrasten, For-
men sich zu einem klaren
Gesamteindruckzusammen-
ordnet", wie durch alles
Mariens Ausdruck domi-
niert: „Gibt's wohl ein
Leid, das meinem Leide
gleicht?" (Dante).
DasWerkFreys schließt
hier. Aber wir müssen
noch des Ergänzungs-
bandes gedenken, welcher vielleicht noch als der wertvollste Teil erscheinen
darf, sofern er in sxtsnso in wörtlichen Abschriften das ungeheure Quellen-
material gibt, welches der Verfasser z. T. ganz neu erschlossen hat. Hier
finden sich auch nähere Auseinandersetzungen mit anderen Forschern und
ihren Ansichten. Wenn wir auf die weitere Entfaltung des grandiosen
Genius Michelangelos nach all dem um so begieriger sind, so werden wir
mit Spannung auch erwarten, wie der Verfasser dieselbe darstellt und sein
großartiges, umfassendes Werk, das empfohlen sei, weiter führen wird.
Dürer und Michelangelo* — jener arm an Anregung im deutschen
Norden, dieser aus der Fülle italienischer Renaissanceideen schöpfend, sie
bleiben uns beide groß, geistesverwandt aufs Mächtige, Gewaltige zielend.
Doch Dürer sympathischer, wohltuender, durch den Einschlag deutschen Ge-
müts, deutschen Innenlebens, deutschen Glaubens.
* Der Verfasser hat sich 1908 über die Parallele Dürer-Michelangelo ein-
gehender ausgesprochen.


S
 
Annotationen