DOI Heft:
Nr. 9 (September 1909)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.44121#0286
September 1909 Einundfünfzigster Jahrgang
Nr. 9
Christliches Kunstblatt
für Kirche, sss
Schule und Haus
Erscheint monatl. in einem Heft zu
32 S. u. enthält viele Textillustr.
1—2 Kunstbeil. u. bisweilen Noten
Herausgegeben
von David Koch
Preis für das Vierteljahr 2 M.
Zu beziehen durch alle Post-
ämter u. Buch Handlungen
Ein neuer Bibeldruck
ausgestellt auf der Düsseldorfer Ausstellung
Mit einer Druckprobe
E
s ist heute eine Gewißheit, daß der deutsche Buchdruck aus dem Tief-
stand, in den er um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts geriet,
Aus der Matthäuskirche
in Frankfurt a. M.
aus dem Elend, das nach den Siegerjahren
seinen Höhepunkt gewann, sich energisch her-
ausgearbeitet hat. Unter englischem Einfluß
und durch das Besinnen auf ihre ruhmreiche
Vergangenheit befreite sich die Typographie
von jenen Lastern, von jenen wohlgemeinten
Irrtümern, die alle gewerbliche Produktion
während der Jahre schwankender Kultur aus
dem sicheren Geleise der Tradition gerissen
hatten, die sie bald blind tasten, bald sich will-
kürlich gebärden ließen. Jene schwächlichen
und schlimmen Torheiten, die der Architektur,
den öffentlichen Gebäuden und den Wohn-
häusern, die dem Möbel und allem Gerät
anhaften, die Verwässerung der Historie, die
Abladung eines hohlen Prunkes, die Züch-
tung eines sinnlosen, überall wuchernden
Ornamentes, bemächtigten sich auch des
Buches. Dem Muschelschrank entspricht der
Prachtband; beide in Renaissance waren sie
eine Zwecklosigkeit und eine Lüge. Zu der auf-
gedonnerten, qualitätlosen Plüschgarnitur
des Salons gehört die billige, auf Holz-
papier gedruckte, aber reich vergoldete Klas-
sikerausgabe. Es war notwendig und logisch,
daß, als die Portieren von den Türen, die
gestanzten Ritterrüstungen von den Wän-
Nr. 9
Christliches Kunstblatt
für Kirche, sss
Schule und Haus
Erscheint monatl. in einem Heft zu
32 S. u. enthält viele Textillustr.
1—2 Kunstbeil. u. bisweilen Noten
Herausgegeben
von David Koch
Preis für das Vierteljahr 2 M.
Zu beziehen durch alle Post-
ämter u. Buch Handlungen
Ein neuer Bibeldruck
ausgestellt auf der Düsseldorfer Ausstellung
Mit einer Druckprobe
E
s ist heute eine Gewißheit, daß der deutsche Buchdruck aus dem Tief-
stand, in den er um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts geriet,
Aus der Matthäuskirche
in Frankfurt a. M.
aus dem Elend, das nach den Siegerjahren
seinen Höhepunkt gewann, sich energisch her-
ausgearbeitet hat. Unter englischem Einfluß
und durch das Besinnen auf ihre ruhmreiche
Vergangenheit befreite sich die Typographie
von jenen Lastern, von jenen wohlgemeinten
Irrtümern, die alle gewerbliche Produktion
während der Jahre schwankender Kultur aus
dem sicheren Geleise der Tradition gerissen
hatten, die sie bald blind tasten, bald sich will-
kürlich gebärden ließen. Jene schwächlichen
und schlimmen Torheiten, die der Architektur,
den öffentlichen Gebäuden und den Wohn-
häusern, die dem Möbel und allem Gerät
anhaften, die Verwässerung der Historie, die
Abladung eines hohlen Prunkes, die Züch-
tung eines sinnlosen, überall wuchernden
Ornamentes, bemächtigten sich auch des
Buches. Dem Muschelschrank entspricht der
Prachtband; beide in Renaissance waren sie
eine Zwecklosigkeit und eine Lüge. Zu der auf-
gedonnerten, qualitätlosen Plüschgarnitur
des Salons gehört die billige, auf Holz-
papier gedruckte, aber reich vergoldete Klas-
sikerausgabe. Es war notwendig und logisch,
daß, als die Portieren von den Türen, die
gestanzten Ritterrüstungen von den Wän-