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Juli 1909

Einundfünfzigster Jahrgang

Nr. 7

Christliches Kunstblatt

für Kirche, sss
Schule und Haus
Erscheint rnonatl. in einem Heft zu
32 S. u. enthält viele Textillustr.
1—2 Kunstbeil. u. bisweilen Noten


Herausgegeben
von David Koch
Preis für das Vierteljahr 2 M.
Zu beziehen durch alle Post--
ä m ter u. Buchhandlungen

Auf dem Schauplatz christlicher Kunst
Düsseldorf 1909
Mit 4 Abbildungen
^ede Ausstellung hat Kompromißcharakter. Sicherlich gehört ein Damen-
kleid nicht auf einen Holzkörper und nicht in ein Schaufenster; ebenso-
wenig ein Pflug in eine gedeckte Halle mit Zementboden. Auch ein Ge-
mälde wird nie recht heimisch werden an einer Wand, wo seinesgleichen
zahllos wahllos hangen und zu stetem Vergleichen herausfordern. Im
freundlichen Wohngemach hat es sein Heimatrecht, wo nicht kritiklustige
Augenblicksgäste, sondern besitzfreudige Hausgenossen es beschauen, täg-
lich, so daß es selbst zum lieben Familiengliede wird. Und trotz all den
Unzuträglichkeiten und Ungeheuerlichkeiten wird man nicht ohne Aus-
stellungen fertig werden, je länger, desto weniger. Mit dem Fortschreiten
der Technik, des guten Geschmacks, des Erfindungsgeistes geht Hand in
Hand die Notwendigkeit des Bekanntgebens ihrer Erzeugnisse, damit sie
Liebhaber finden. Zu dieser Bekanntmachung reicht die Zeitungsannonce
und der illustrierte Katalog nicht aus: das Ding selbst macht stets die
beste Reklame. Der Schneider ist nicht zufrieden, wenn sein Kleid auf
der Straße oder im Gesellschaftsraum Gefallen erweckt: er hat ein Interesse
daran, zu verkünden, daß er sein Schöpfer sei. Der Maschinenfabrikant
begnügt sich nicht damit, daß sein Pflug auf dem Feld von einem zufällig
des Weges kommenden Bauer gesehen und gut befunden werde: möglichst
viel Bauern sollen ihn auf der landwirtschaftlichen Ausstellung zu Gesicht
bekommen und begehrenswert finden. And gar der Maler! Soll er auf
seinem entlegenen Atelier vier steile Treppen hoch warten, bis ein guter
Freund den kauflustigen Herrn herbeischleppt? Nein, er bedarf der Ge-
legenheit, seine Kunst der breitesten Öffentlichkeit vorzuführen. Die Aus-
stellung ist für ihn ein zwingendes Bedürfnis. Dem Aussteller kommt zu Hilfe
die zwar stets müde werdende und doch unermüdliche Schaulust der Menge.
Jeder, der eine gute Ausstellung gesehen, will wieder einmal eine genießen.
And wenn es eine schlechte war, hofft er auf eine bessere. Groß ist der Reiz
 
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