DOI Heft:
Nr. 1 (Januar 1909)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.44121#0033
19
Kirchliche Kunst auf der Ausstellung München 1908
Von David Koch
Mit 2 Abbildungen
M
an mußte sehr gespannt sein, was nach den glänzenden Leistungen der
Dresdener Kunstausstellung 1906 die neue Ausstellung 1908 in München
bringen werde. Das war
von vornherein nicht zu
erwarten, daß ein so her-
vorragendes Eingehen auf
dieProbleme der protestan-
tischen Kunst stattfindeu
werde, wie in Dresden,
wo sich führende Kunst-
gelehrte, Schriftsteller, Ar-
chitekten, Maler und
Kunstgewerbler zusammen-
geschlossen hatten, um ein-
heitlich geschlossene Gebil-
de darzustellen.
Deshalb wird Mün-
chen 1908 für die pro-
testantische Kunst nicht den
epochemachenden Wert
haben, wie - Dresden 1906. Die Anregung für den Suchenden bestand
mehr im Detail. Mußte man es schmerzlich empfinden, daß das einst
im Jugendstil siegreiche München die ersten Früchte dieses Stiles nicht
gepflückt hat, sondern seelenvergnügt im girlandengeschmückten Bieder-
meiertum sich wiegte, so konnte man der Architektur der Ausstellungs-
gebäude dagegen froh werden und manches Kirchenmotiv an den Profan-
bauten entdecken. Vor allem gaben die einzelnen Vorhallen und Zwischen-
hallen, die Arkadcngänge und die Kuppelbildungen prachtvolle Motive. Es
war der Triumph des alles könnenden Eiseubetoubaus und man wäre am
liebsten mit einem protestantischen Kirchenarchitekten da gewandelt und hätte
mit ihm die gegebenen Möglichkeiten und Anwendbarkeiten besprochen. Das
Jahr 1909 bringt in Düsseldorf eine große christliche Kunstausstellung beider
Konfessionen. Ob dort ein Verständnis ist für unsere protestantischen Be-
dürfnisse, weiß ich nicht, da wohl naturgemäß der katholische Kirchenkunst-
gedanke in den Vordergrund kommt. Aber ich möchte jetzt schon darauf
Hinweisen, daß, wenn dort etwas Fruchtbares geschaffen werden soll, nach
der Unfruchtbarkeit Münchens für protestantische Kunst, so müssen in das
Komitee Leute berufen werden, die mit der modernen Bewegung vertraut
sind, die geschichtlich an Dresden 1906 anzuknüpfen hat. Andernfalls wird
eine Masse Geld und Arbeit verpufft und die Reaktion zieht schmunzelnd
Kirchliche Kunst auf der Ausstellung München 1908
Von David Koch
Mit 2 Abbildungen
M
an mußte sehr gespannt sein, was nach den glänzenden Leistungen der
Dresdener Kunstausstellung 1906 die neue Ausstellung 1908 in München
bringen werde. Das war
von vornherein nicht zu
erwarten, daß ein so her-
vorragendes Eingehen auf
dieProbleme der protestan-
tischen Kunst stattfindeu
werde, wie in Dresden,
wo sich führende Kunst-
gelehrte, Schriftsteller, Ar-
chitekten, Maler und
Kunstgewerbler zusammen-
geschlossen hatten, um ein-
heitlich geschlossene Gebil-
de darzustellen.
Deshalb wird Mün-
chen 1908 für die pro-
testantische Kunst nicht den
epochemachenden Wert
haben, wie - Dresden 1906. Die Anregung für den Suchenden bestand
mehr im Detail. Mußte man es schmerzlich empfinden, daß das einst
im Jugendstil siegreiche München die ersten Früchte dieses Stiles nicht
gepflückt hat, sondern seelenvergnügt im girlandengeschmückten Bieder-
meiertum sich wiegte, so konnte man der Architektur der Ausstellungs-
gebäude dagegen froh werden und manches Kirchenmotiv an den Profan-
bauten entdecken. Vor allem gaben die einzelnen Vorhallen und Zwischen-
hallen, die Arkadcngänge und die Kuppelbildungen prachtvolle Motive. Es
war der Triumph des alles könnenden Eiseubetoubaus und man wäre am
liebsten mit einem protestantischen Kirchenarchitekten da gewandelt und hätte
mit ihm die gegebenen Möglichkeiten und Anwendbarkeiten besprochen. Das
Jahr 1909 bringt in Düsseldorf eine große christliche Kunstausstellung beider
Konfessionen. Ob dort ein Verständnis ist für unsere protestantischen Be-
dürfnisse, weiß ich nicht, da wohl naturgemäß der katholische Kirchenkunst-
gedanke in den Vordergrund kommt. Aber ich möchte jetzt schon darauf
Hinweisen, daß, wenn dort etwas Fruchtbares geschaffen werden soll, nach
der Unfruchtbarkeit Münchens für protestantische Kunst, so müssen in das
Komitee Leute berufen werden, die mit der modernen Bewegung vertraut
sind, die geschichtlich an Dresden 1906 anzuknüpfen hat. Andernfalls wird
eine Masse Geld und Arbeit verpufft und die Reaktion zieht schmunzelnd