Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
83

heißen mögen, sich dazu herbeiließen, „Abendmahlsmusiken" zu schreiben?
Es würde dadurch nicht etwa ein neues Glied in den Organismus der Feier
eingeschoben. Vielmehr handelt es sich lediglich darum, bereits vorhandene
Stücke der Gottesdienstordnung künstlerisch zu gestalten, an die Stelle oft
inhaltlosen Tönens gehaltvolle Musik zu setzen und
dem unvermeidlich vorhandenen musikalischen Teil
der Feier Einheitlichkeit, innere Einheit zu verleihen.
Ich denke mir das so, daß zu jedem einzelnen, bei
Abendmahlsfeiern gebräuchlichen Choral in sich
selbständige und doch zusammengehörige, und nur
eben zu einem bestimmten Choral gehörige Stücke
geschrieben würden (ähnlich wie der einzelne Satz
einer Sonate oder Symphonie in sich geschlossen
und wertvoll ist, aber doch innerlich zu den an-
deren Sätzen des Werkes gehört), so, daß die von
der Gemeinde gesungenen Strophen einem musi-
kalischen Ganzen eingegliedert wären, vielleicht gar
so, daß der Komponist, um die Einheitlichkeit ganz
durchzuführen, jeder Strophe des Gemeindegesanges
ihre eigene Begleitung gäbe. Natürlich wäre, um
solchen Werken praktische Verwertung und tatsächliche Verbreitung, besonders
auf dem Lande, zu sichern, durchaus wünschenswert, daß sie technisch keine
hohen Anforderungen stellten und daß sie zu billigem Preise erhältlich wären.
Eine überaus große Mannigfaltigkeit ist ja möglich, wenn wir Tagesstunde
und Kirchenjahr-Zeit der jeweiligen Feier, den Charakter der einzelnen Abend-
mahlsgesänge, ja, ihrer einzelnen Strophen, die Verschiedenheit der Gegenden
mit ihren voneinander abweichenden kirchlichen Gewohnheiten und Liturgien,
die religiöse und musikalische Eigenart der einzelnen Meister, vielleicht sogar
die Stimmung des Kirchenraumes, wenn je ein Werk für eine bestimmte
Kirche geschrieben würde, in Anschlag bringen. Und unsere Meister hätten
wieder praktische Aufgaben vor sich wie zu der Zeit, da Bach für jeden
Sonntag des Kirchenjahres eine Kantate schrieb. Pfisterer-Weinsberg
Nachtrag: Ueber eine weitere Stimme zur deutschen Messe: „Bach im
Gottesdienst" von G. Gerok-Stuttgart in der April-Nummer. — K


Aus der Uhde-Mappe
des Kunstworts:
Auf dem Heimwege

S
 
Annotationen