DOI Heft:
Nr. 4 (April 1909)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.44121#0116
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eines phantastischen Traumes, oder, wenn man lieber will, einer farben-
reichen, leuchtenden Vision: Jubelnd, in einem Freudenräusche, schwingt sich
das Leben aus dem Todesdunkel empor. Da das Bild kürzlich hier abge-
bildet und besprochen worden ist, können wir uns eine genauere Besprechung
ersparen.
Eine ganz andere Empfindungswelt tut sich uns vor dem Bilde Piero
degli Franceschis auf, (Fresko im Rathaus zu Borgo San Sepolcro).
Auch diese Darstellung, nach meinem Gefühl vielleicht die bedeutendste, jeden-
Iulius Schnorr von Carolsfeld
Auferstehung Jesu
falls eine der charaktervollsten aller Schilderungen des eigentlichen Auf-
erstehungsvorgangs, ist von dem poetischen Nimbus des Geheimnisvollen,
ja Zauberhaften umflossen. Auch hier spricht sich ein Künstlergeist ans, der
die Geschichte intensiv nacherlebt und aus starkem persönlichen Empfinden
heraus gestaltet hat. Aber sie hat doch in seiner Seele ein ganz anderes
Echo geweckt. Wit dem Grünewald des Osterbildes hat dieser Meister
wenig Verwandtschaft, wohl aber lebt in ihm etwas von dem aufs
Große und Starke gerichteten Geist, der aus dem Kreuzigungsbild jenes
Meisters zu uns redet. — Eben schickt sich die Sonne an, über den Bergen
aufzusteigen und sendet ihre Strahlen voraus. Alles irdische Leben schläft
noch, und in dieser großen Stille steigt mächtig, feierlich und geheimnisvoll
eines phantastischen Traumes, oder, wenn man lieber will, einer farben-
reichen, leuchtenden Vision: Jubelnd, in einem Freudenräusche, schwingt sich
das Leben aus dem Todesdunkel empor. Da das Bild kürzlich hier abge-
bildet und besprochen worden ist, können wir uns eine genauere Besprechung
ersparen.
Eine ganz andere Empfindungswelt tut sich uns vor dem Bilde Piero
degli Franceschis auf, (Fresko im Rathaus zu Borgo San Sepolcro).
Auch diese Darstellung, nach meinem Gefühl vielleicht die bedeutendste, jeden-
Iulius Schnorr von Carolsfeld
Auferstehung Jesu
falls eine der charaktervollsten aller Schilderungen des eigentlichen Auf-
erstehungsvorgangs, ist von dem poetischen Nimbus des Geheimnisvollen,
ja Zauberhaften umflossen. Auch hier spricht sich ein Künstlergeist ans, der
die Geschichte intensiv nacherlebt und aus starkem persönlichen Empfinden
heraus gestaltet hat. Aber sie hat doch in seiner Seele ein ganz anderes
Echo geweckt. Wit dem Grünewald des Osterbildes hat dieser Meister
wenig Verwandtschaft, wohl aber lebt in ihm etwas von dem aufs
Große und Starke gerichteten Geist, der aus dem Kreuzigungsbild jenes
Meisters zu uns redet. — Eben schickt sich die Sonne an, über den Bergen
aufzusteigen und sendet ihre Strahlen voraus. Alles irdische Leben schläft
noch, und in dieser großen Stille steigt mächtig, feierlich und geheimnisvoll