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ich soeben beim Albrecht Dürer-Haus, Berlin, hinausgebe, als Volksblatt
3.50 Mark) — in meinem Studierzimmer täglich betrachte, wage ich
zu sagen, auch dieses Bild hat einen so klar geprägten, weihevollen Stil,
so wunderbar große einheitliche Farbenflächen, daß man die Hauptgruppe
dieses Bildes als Fresko auf die Kirchenwand setzen kann ohne wesentliche
stilistische Änderung.
Man verzeihe, wenn ich hier in einem Festartikel, der Meister Hans
Thoma gilt, abzuschweifen scheine. Aber unser Artikel ist ja kein Dithy-
rambus und unser Hans Thoma erscheint auf der großen Folie der allge-
meinen Fragen unsrer religiös-kirchlichr-protestantischen Kunst — nur größer.
Er tritt auf einem Gebiete, auf dem er vielleicht bis jetzt zu wenig gewürdigt
wurde, außer von Henry Thode, seinem kongenialen Interpreten - auf
dem Gebiete der religiösen Kunst in einen größeren, einen ebenso geschicht-
lichen Zusammenhang, wie in der Landschaftskunst, in welchem er für mich
an intimen deutschen und malerischen Werten immer noch der größte
Landschafter der Gegenwart ist, von keinem, der nach ihm kam, überwunden.
And nun noch einmal aus der Größe zurück in die Stille. Daß
der Freund der Kinderwelt auch die Weihnachtsgeschichte gemalt
hat, ist natürlich. Seine „Flucht nach A g y pck e n", seine „R a st aufder
Flucht" dürften die volkstümlichsten seiner Lithographien sein. In den
letzten Jahren ist auch ein köstliches Staffeleibild der Weihnacht entstanden.
Zu den neuen Christusdarstellungen hat Thoma einen bemerkenswerten
Beitrag gegeben mit seiner Lithographie: „Christus und der sinkende
Petrn s". Für diese gebietende Gestalt des Heilandes auf den Wellen scheint
der Karton zu klein. Auch dies Bild ist monumental im Geiste gesehen.
Hans Thoma hat sich bekanntlich auch an dem Vorschlag des Konsuls
Th. Bierck beteiligt: ein Bildnis Christi zu malen losgelöst von einer
personenreichen Komposition und befreit von einer mehr oder weniger
sinnreich erdachten Handlung, als bloße Erscheinung einer religiösen Emp-
findung. Hans Thoma sagte von dem Bilde: „Für mich bedeutet dieses
Bild etwas wie den Sammelpunkt für mein ganzes Schaffen." Im blauen
Gewand steht der Heiland vor uns mit weiten, gütigen Augen. Der
Blick geht in ruhiger Geistesgröße nach den himmlischen Fernen. In seinem
Konfirmationsschein hat Hans Thoma diese stille Vision wiedergegeben.
Dreimal habe ich Hans Thoma gesehen. Einmal am heißen, schönen
Sommertag im Schwetzinger Park — unter der festlichen Menge der Rhein-
landfreunde. Da kam mir sein Bild in den Sinn — wie ein Wanderer
auf hoher Matte über dem Schwarzwaldtal liegt und wie am heißen blauen
Sommerhimmel die weißen Wölkchen ziehen. Dann sah ich den Meister
unter der Märchenpracht der Leuchtkörper im Mannheimer Ausstellungs-
park — wir standen am Wasser. Der Mond ging auf den Wellen. Thoma
erzählte mir von seinen neuen großen Bildern von der Weihnacht bis
zur Höllenfahrt. Da dachte ich au seinen „Jesus und Nikodemus". And
ein drittes Mal sah ich den Meister — in Straßburg auf dem evangelisch-
 
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