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4. Sind diese Kirchen mehr nach traditioneller Art, unter der Leitung
der Kirchenbauinspektion geschaffen, so zeigt die Kirche in Achern schon
eine besonnene und glückliche Verwendung der Fortschritte des neueren
protestantischen Kirchenbaus namentlich in Raumgestaltung und Einzel-
heiten, Man erkennt bald auch die Meisterhand des j- Stuttgarter Ober-
baurats Dolmetsch, der bei den Plänen zu Rate gezogen worden ist. Sehr
geschickt ist die Orgel und Orgelempore auf die Seite in einen Kreuzarm
verlegt und eine Verbindung derselben mit der größeren Hinteren Empore
hergestellt, so daß sich ein zahlreicherer Kirchenchor auch bequem nach dem
Gesang jeweils verteilen kann. Die slachen Gewölbe sind schön und wesent-
lich billiger und für die Heizung zweckmäßiger, als tiefe. Die Bänke
sind durch die leichte Wölbung der Sitze und der Rückwand bequemer als
die sonst üblichen. Die niederen Fenster hinten an der Seite gegenüber der
Orgel tragen vier von R. Pelin in Stuttgart entworfene und von Vit -
tali in Offenburg ausgeführte Glasmalereien, die in realistischer, modern-
germanisierender Auffassung die vier Evangelisten als Typen deutscher
Männlichkeit mit den vier stilisierten Zeichen, Engel, Löwe, Stier und Adler,
wirksam wiedergeben. Diesen schließt sich in der Chorwand ein größeres
Gemälde „Die Bergpredigt" vom selben Künstler an, in welchem ebenfalls,
namentlich was die Hörer betrifft, deutsche Typen und deutsche Formen
glücklich verwendet sind.
3. Zwei Krankenhauskapellen: die im evangelischen Diakonissenhaus
in Freiburg und im Lanzschen Krankenhaus in Mannheim. Die erstere
ist sehr praktisch angelegt, hat Erweiterungsräume im Obergeschoß hinter
der Kapelle zur Benutzung für die Kranken, die keine Treppen steigen
können, und einen Eingang auch von der Stadtseite her; ihr Hauptschmuck
sind zwei Glasfenster im Chor, Jesus die Kranken heilend und Jesus bei
Maria und Martha darstellend, und an den beiden Wänden rechts und links
vom Altar zwei Reliefs mit der Seepredigt und dem barmherzigen Sama-
riter von dem Karlsruher Bildhauer Sauer (Abb. 8) in leichter Farben-
tönung. Diese Reliefs sind außerordentlich kraftvoll realistisch aufgefaßte,
feingestimmte Kunstwerke, immer wieder fesselnd durch ihre schönen Formen
und ihren tiefen Inhalt, während die Glasfenster geradezu eine Barbarei
sind, an deren Stelle man lieber Helle Fensterscheiben hätte lassen
sollen.
Die Kapelle im Lanzschen Krankenhaus hat manches Schöne durch die
Munifizenz der reichen Stifter empfangen und paßt sehr wohl zu den in
vornehmem Weiß gehaltenen übrigen, vollendet ausgestatteten Räumen
des wohltätigen Hauses, beleidigt aber durch eine einzige große Stilwidrig-
keit, indem sie neben einem traditionellen unbedeutenden Christus in Ol
die große Photographie des Stifters an der Hauptwand trägt.
6. Der Bau einer Anstaltskirche für beide Konfessionen ist gegenwärtig
in der Heilanstalt Emmendingen seitens der badischen Regierung in An-
griff genommen. Möge bei der Innenausstattung die Anbringung von
 
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