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oder für andrer Leute Kinder, der wird wohl nicht leicht größere, dauernde,
täglich redende Freude machen können, als wenn er das farbige Bild
kauft von Uhde: „Lasset die Kindlein". Eingerahmt kostet das große Bild
nur 7—8 Mk.! Wie oft werden auf Weihnachten 8 Mk. verplempert an
ein Luxusgeschenk, das alsbald wieder verschwindet, während so ein Wand-
schmuck im Wohn- oder Kinder- oder Kinderschlafzimmer ein täglich mahnen-
der und nach oben weisender Gast ist.
Wie ich höre, will ein Kultusministerium das Bild für eine Anzahl
Schulen ankaufen. Ich empfehle diesen Vorgang allen Kultusministerien.
Ich habe das Bild neulich in einem großen Lichtbildervortrag über F. v. Uhde
(in Stuttgart) gezeigt. Es hat starken Eindruck auf das sechshundertköpfige
Publikum gemacht.
Wer zirka 13 Mk. zu vergeben hat auf Weihnachten kauft das Pendant:
„Komm Herr Jesu" — dazu. Diese 2 Bilder und dazu die 3 kleinen farbigen
Kinderbilder (in diesem Falle natürlich entsprechend gerahmt!) an einer
Wand richtig gruppiert geben dem Hause eine weihnachts-festliche Weihe.
Und auch ein Weihnachtsvolksbüch — das Buch von Stein-
haufen - um 1.20 Mk. legen wir ja auf den Tisch.
Wer also gute, echte, christliche Kunst will — kann nicht fehlgehen.
Um so unverantwortlicher ist es dann, den alten Kitsch zu kaufen, zu
empfehlen, zu verbreiten!
An Stelle jener Karten, Kärtchen usw., von denen Superintendent
Klingemann in seinem Referat auf dem Kongreß in Stuttgart so trefflich
sagte, daß gelegentlich eine weidende Kuh oder Ochse drauf sei — und
dann ein Bibelspruch dazu — nehme man richtige, künstlerische Bilder, wie
die obengenannten. Außerdem kostet ja auch die schlechte Ware in diesem
Falle dasselbe wie das Gute.
Auch aus pädagogischen Gründen räume man auf mit diesem senti-
mentalen Blumenkultus wie Veilchen und Rosen und Vergißmeinnicht!
Das ist meinethalben etwas für kleine Mädchen im Flügelkleide — aber
nicht für ernste Christen. Unsre 3 farbigen Steinhausenbilder z. B. sind
ja auch voll von Naturpoesie: Rosen, Blütenbäumen, Tannendunkel,
Frühlingswald - daß Bild und Natur zu ihrem Rechte kommen.
Es gehört zu unsrem Weihnachtskampf, daß wir uns einmal Psycho-
logisch klar werden, was eigentlich diese Blumenkarten für religiöse
Gefühle auslösen: zunächst sinnige, liebliche. Dann aber verfliegt der Ein-
druck — es ist nur eine Augenblicksstimmung. Aber was ist ein Bild mit
Inhalt dagegen! So ein „Zug zum Christkind" — eine engelbegleitete Flucht
nach Ägypten, ein Kinderparadies! Welche Fülle von Gedanken! — Auch
auf zwei dieser Bilder hat es Engel. Ich will der Jugend die Engel-
welt nicht nehmen. Aber die Engel, die die Kunst geschaffen, nicht photo-
graphierte kleine Mädchengesichter, die entweder einem Wachsfigurenkabinett
entflogen sind oder im Leben aufgeputzten Modepuppen sehr nahekommen,
aber nicht den heiligen Gedanken der Lngelwelt vor Gottes Thron!
 
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