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130
Christliches Kunstblatt für Kirche, Zchule und Haus
Nr. 5

seine Freunde Erbauungsversammlungen eingerichtet hatte, in denen er ein Priva-
tissimum über Kirchengeschichte las, schildert den Kreis, in dem Schnorr sich zu
der Zeit heimisch fühlte, in folgender Weise: „Daß unsre Gemeinde wie eine
Gase in der großen katholischen Welt liegt, macht die Gemüter fähiger dazu,
sich der Herrlichkeit unsres evangelischen Glaubens bewußt zu werden. Dazu
kommt ein höchst glücklicher Umstand, daß unter den hiesigen deutschen Künstlern,
sowohl den katholischen, als den evangelischen, gerade die als Künstler ausge-
zeichnetsten, z. B. unter den Katholiken Overbeck, Begaß, Philipp Veit u. a.,
unter den Unsrigen Julius Schnorr von Carolsfeld aus Leipzig, Joh. Friedr.
Dietrich aus dem Württembergischen, passavant aus Frankfurt a. M., der Land-
schaftsmaler Reinhold u. a. m., es mit ihrem Christentum vor der Welt unver-
hohlen ernst nehmen- daß diejenigen, welche durch ihr geistiges Übergewicht die
Kunstrichtung unter den hiesigen Künstlern leiten, eben auf ein religiöses und
zwar wirkliches christliches Leben auch ihre Kunstrichtung gründen. Ruf diese
Weise haben die meisten der hiesigen Künstler allerdings das bei vielen freilich
unklare Bewußtsein davon, daß eine christlich religiöse Gemütsverfassung auch
schon bloß, um in seiner Kunst etwas Würdiges zu leisten, dem Künstler ebenso
unentbehrlich sei, als das Rüge für das Licht der materiellen Farben. Darum
lassen sie ein lebendiges Christentum schon gelten- und haben nur, wie unter
solchen Umständen natürlich, eine (aus dem natürlichen Herzen kommende) große
Scheu vor dem Nimium darin, das sie sich allerdings auf ihrem Standpunkte
mit ihrem verstände schlecht zu motivieren wissen."
Dieselben Gedankengänge begegnen uns in dem „Vorwort zur Bibel in Bildern"
wieder, das Schnorr von Carolsfeld 1852 seinem Werke voranstellte. Die Kunst
ist ihm die Mithaushalterin der in der Leiblichkeit niedergelegten göttlichen Ge-
heimnisse- sie soll und kann die dienende Begleiterin der Lehre und predigt sein.
Deshalb fordert er von ihr, daß sie rein und lauter sei. „Will sie das Gebiet
des sittlichen Lebens als eine Mitarbeiterin an der Bildung des Menschen betreten,
so ziehe sie vorher ihre schmutzigen Schuhe aus, denn da ist heiliges Land."
vom Künstler verlangt er, wenn er sittlich und religiös wirken will, daß er selbst
religiös und sittlich sein soll. Der bildende Einfluß der Kunst müsse sich am
Künstler selbst bewähren. „Eben weil er mitteilt, wird die Rrt des Mitgeteilten
zeugen von der Lauterkeit oder dem Schmutze des Bornes, der in seinem Herzen
quillt und aus dem er schöpft." Es ist bekannt, daß von autoritativer Seite
vielfach bestritten wird, daß man solche hohen Rnforderungen an einen Künstler
stellen dürfe. Jakob Burckhardt z. B. urteilt, daß der Künstler als Künstler
gar keine andere Gesinnung nötig habe als die sehr starke, welche dazu gehört,
um seinem Werk die größtmögliche Vollkommenheit zu geben. Seine sonstigen
religiösen, sittlichen und politischen Überzeugungen seien seine persönliche Sache.
Sie werden hier und da in seine Werke hineinklingen, aber nicht deren Grund-
lage ausmachen. Daß an diesem Punkte Schnorr von Carolsfeld sich im Gegensatz
befindet zu dem berühmten Kunsthistoriker, ist, selbst wenn man auf Grund pspcho-
 
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