DOI Heft:
Nr. 10 (Oktober 1912)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.44560#0428
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Christliches Kunstblatt für Kirche, 5chule und Haus
Nr.lO
des Innern brauchen es übel zu nehmen, wenn man sagt, daß sie von dem, was
zu einer Reform not tut, nichts verstehen. Das fordert ein literarisches und
kulturelles Fachstudium und die Beamten der inneren Ministerien und der Polizei
sind keine Rultur- und keine Rultusbeamten.
Das neue Gesetz muß einen neuen Grundbegriff für das Wesen der Schau-
bühne finden: nicht „Vergnügungsetablissement", sondern Bildungs-
stätte.
Ich sehe das Lächeln: „Nha! - Varietee - Bildungsanstalt - Mucker?
— was?"
Bitte, ein wenig Geduld. Darf ich umgekehrt fragen: Was hat die Schau-
bühne ernsten Stiles mit der Polizei zu tun oder mit dem Ministerium des
Innern? - Nichts. Nbsolut nichts.
Und - ist es nicht Sache einer Rultusbehörde, auch über das Wesen
der „Erholung", des „Volksvergnügens" besser dezernieren zu können?
Darnit kommen wir dem Übel an die Wurzel. Wir leiden an einem ganz
verfehlten Begriff der „Volkserholung" und des „Spiels". Spiel ist Mutter
und Vorläuferin der Runst. Man lese die ausgezeichneten Nusführungen nach in
Ronrad Langes „Wesen der Runst".
Lin Gefühl steigt ja mächtig auf, daß unsre „Spiel- und Lrholungsbegriffe"
verfehlte sind. Durch Wandern, Turnen, Rudern, Ballspiel, Nntialkohol usw.
bringt man unserer Jugend einen sittlich höher stehenden Erholungs- und Spiel-
begriff bei. Ls wird aber eine Generation dauern, bis alles Klipp und klar
dabei ist.
Darum muß man jetzt schon von diesen mehr physischen Reformen des Spiels
und der Erholung energisch auf die psychischen Momente überleiten.
Lin Beispiel: Ihr wandert durch die Natur. - Was freut euch, Rinder? -
Die Natur ist rein, frei, groß, schön. Ist ein raucherfüllter Saal mit Nlkohol,
Tanz und varieteespiel auch rein und frei und groß - und schön? - Rinder!
schämet euch — an solchen Dingen teilzunehmen mit euren Eltern oder
später, wenn ihr Freiheit dazu hättet! — Oder ein Ballspiel: Ls ist schön
durch die Bewegung des Rörpers, der Linien, der Darstellung der Schönheit
des Rörpers. Ls soll alles rein bleiben, auch wenn Mädchen und Buben
zusammen spielen. Rinder - wenn in einem Rino-Theater Menschen in häß-
lichen Bewegungen, Gebärden ihr Spiel treiben — ist das schön? rein? Runst?
— Rinder! pfui! Schämt euch! Vie Rino-Theater spekulieren vielfach auf die
sinnlichen Triebe des Menschen. Unter der Maske der Schönheit, oder des
Spiels, oder des Spasses, oder des harmlosen Ulks verpesten diese Darstel-
lungen eure Sinnen. - Pfui! Rinder! hinaus aus der verpesteten Luft dieser
Rino-Theater! - Über am Regentag können wir nicht wandern oder Ball-
spielen! - Gut. habt ihr keine Bücher, Bilder und Musikinstrumente daheim?
— Ja! — aber der Rintopp bringt doch auch Bildung und Wissen?!
Gut, Rinder. Vas laß ich mir gefallen. Über sieh dir einmal so ein Pro-
Christliches Kunstblatt für Kirche, 5chule und Haus
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des Innern brauchen es übel zu nehmen, wenn man sagt, daß sie von dem, was
zu einer Reform not tut, nichts verstehen. Das fordert ein literarisches und
kulturelles Fachstudium und die Beamten der inneren Ministerien und der Polizei
sind keine Rultur- und keine Rultusbeamten.
Das neue Gesetz muß einen neuen Grundbegriff für das Wesen der Schau-
bühne finden: nicht „Vergnügungsetablissement", sondern Bildungs-
stätte.
Ich sehe das Lächeln: „Nha! - Varietee - Bildungsanstalt - Mucker?
— was?"
Bitte, ein wenig Geduld. Darf ich umgekehrt fragen: Was hat die Schau-
bühne ernsten Stiles mit der Polizei zu tun oder mit dem Ministerium des
Innern? - Nichts. Nbsolut nichts.
Und - ist es nicht Sache einer Rultusbehörde, auch über das Wesen
der „Erholung", des „Volksvergnügens" besser dezernieren zu können?
Darnit kommen wir dem Übel an die Wurzel. Wir leiden an einem ganz
verfehlten Begriff der „Volkserholung" und des „Spiels". Spiel ist Mutter
und Vorläuferin der Runst. Man lese die ausgezeichneten Nusführungen nach in
Ronrad Langes „Wesen der Runst".
Lin Gefühl steigt ja mächtig auf, daß unsre „Spiel- und Lrholungsbegriffe"
verfehlte sind. Durch Wandern, Turnen, Rudern, Ballspiel, Nntialkohol usw.
bringt man unserer Jugend einen sittlich höher stehenden Erholungs- und Spiel-
begriff bei. Ls wird aber eine Generation dauern, bis alles Klipp und klar
dabei ist.
Darum muß man jetzt schon von diesen mehr physischen Reformen des Spiels
und der Erholung energisch auf die psychischen Momente überleiten.
Lin Beispiel: Ihr wandert durch die Natur. - Was freut euch, Rinder? -
Die Natur ist rein, frei, groß, schön. Ist ein raucherfüllter Saal mit Nlkohol,
Tanz und varieteespiel auch rein und frei und groß - und schön? - Rinder!
schämet euch — an solchen Dingen teilzunehmen mit euren Eltern oder
später, wenn ihr Freiheit dazu hättet! — Oder ein Ballspiel: Ls ist schön
durch die Bewegung des Rörpers, der Linien, der Darstellung der Schönheit
des Rörpers. Ls soll alles rein bleiben, auch wenn Mädchen und Buben
zusammen spielen. Rinder - wenn in einem Rino-Theater Menschen in häß-
lichen Bewegungen, Gebärden ihr Spiel treiben — ist das schön? rein? Runst?
— Rinder! pfui! Schämt euch! Vie Rino-Theater spekulieren vielfach auf die
sinnlichen Triebe des Menschen. Unter der Maske der Schönheit, oder des
Spiels, oder des Spasses, oder des harmlosen Ulks verpesten diese Darstel-
lungen eure Sinnen. - Pfui! Rinder! hinaus aus der verpesteten Luft dieser
Rino-Theater! - Über am Regentag können wir nicht wandern oder Ball-
spielen! - Gut. habt ihr keine Bücher, Bilder und Musikinstrumente daheim?
— Ja! — aber der Rintopp bringt doch auch Bildung und Wissen?!
Gut, Rinder. Vas laß ich mir gefallen. Über sieh dir einmal so ein Pro-