Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Mai 1SI8

Sechzigster Jahrgang

Nr. 5


Lhristus-Studie
von Karl Bauer-München.
Mit einem Vollbild.
^^^ährend die meisten Künstler eine einheitliche Lhristusgestalt festhalten,
! D gibt uns Karl Bauer, der Psycholog unter den neueren Malern, zwei
innerlich und äußerlich ganz verschiedene Auffassungen von Christus,
wenn der in der April-Nummer erstmals veröffentlichte Christus den göttlichen
Helden der Cat darstellt, so ist die zweite Auffassung mehr angenähert an die
weichere Auffassung der Nazarener und klassizistischen Korneliusschüler. Aber es
ist doch ein starker Gegensatz zu dem oft weibisch-weichen Nazarener-Christus.
Karl Bauer zeigt seine innere Verwandtschaft mit den besten Lhristusgestalten
Wilhelm Steinhaufens: Cs ist der feine, geistgewordene Christus des Johannes-
Cvangeliums. Ls leuchtet auch in diesen liebevollen Augen der Geist der Klar-
heit und Herrlichkeit. Line wunderbare, verhaltene Stille ruht über diesem
Christus. Ls ist als hätte er eben das Wort gesprochen: „Kommet her zu mir,
die ihr mühselig und beladen seid... so werdet ihr Nuhe finden für eure
Seele." In der Behandlung des Haupthaares ist Karl Bauer Realist. Vas
ungepflegte Gelock des langen Haares erinnert an die Studie Leonardos zu seinem
(bartlosen) Christus.
Ich glaube, daß der Kunstverleger, der Karl Bauer den Auftrag zur Aus-
führung dieser beiden Christusauffassungen gibt, vielen Christussuchern, die auch
um den vorstellbaren Ausdruck ihres Heilands ringen, etwas bringen wird. Karl
Bauer aber hat ein kunstgeschichtliches Verdienst allein schon in diesen beiden
Skizzen, daß er mit der hohen Kunst seiner Psychologie diesen großen Fragen
der Iahrhunderte nachgegangen ist. D. K.

ä. g. XIII.

129
 
Annotationen