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Clemen, Paul [Editor]
Belgische Kunstdenkmäler (Band 1): Vom neunten bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts — München, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.43817#0195
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selbst, haben unmittelbaren Einfluß auf die Belebung der Aachener Werkstatt gehabt. Der
getriebene Palmettenfries des Marienschreines ist vom Marienschrein in Tournai über-
nommen und weitergebildet. Die Voluten des Bekrönungskammes einer der Schmalseiten
gehen auf die Kämme des Annoschreines zurück. In gleicher Weise geht der flüssige Gewand-
stil auf seinen Einfluß zurück, aber es ist bezeichnend, daß die Köpfe der Apostel in
Haltung und Ausdruck im Charakter der älteren Auffassung befangen bleiben, das Hinaus-
schauen in eine lichte Weite, wie bei den Propheten des Kölner Domschreines oder dem
Tournaier Marienschrein vermissen lassen. Im Geflimmer vieler Einzelheiten ist der Marien-

Abb. 127. Eleutheriusschrein von 1247 in Tournai.


schrein in Email, Filigran mit einem unendlichen Muster ornamentaler Ornamente über-
zogen, die in den Vierpaßmotiven der Emails, den Filigranvoluten, den Friesen mit stern-
förmigem Ornament den Erfindungsreichtum des Verduner Meisters ausnutzen. Der archi-
tektonische Reichtum dieses Schreines, die Kleeblattbögen der Dachseiten haben ihren
Einfluß auf die zeitgenössische Architektur nicht verfehlt. In der Bogenstellung der Kapelle
des Aachener Kreuzganges hat neben dieser Ordnung noch das ältere Ornament des Be-
krönungskammes Verwendung gefunden. Der gleiche Einfluß reicht bis zu den Gestalten des
Schreines von Beckum und den Apostelgestalten in der Vorhalle des Domes zu Münster i.W.,
die in den vierschrötigen Kopftypen, dem Gewandstil, der Ornamentik den Zusammenhang
mit der Aachener Goldschmiedewerkstatt nicht verleugnen.

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