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Clemen, Paul [Hrsg.]
Belgische Kunstdenkmäler (Band 2): Vom Anfang des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts — München, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.43818#0012
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Künstler — man würde ihn heute eine repräsentative Persönlichkeit nennen. In dem
Streben nach Universalität übertrifft er noch den um ein Jahrzehnt jüngeren Lambert
Lombard. Die Nachwelt hat ihm einen ersten Platz im zweiten Rang gegeben, wie
Macaulay von Dryden sagt.
»Een wonder verstandigh Man in Metselrije (Architektur) en antijcke ruinen« nennt ihn
Carei van Mander1)» »Pictor brugensis praestantissimus« heißt er in des Sanderus2 3 4 5) Flandria
illustrata, »Reyn navolger in pictura Apelles pinceel« rühmt ihn sein Epitaph, als »eccellente
in far fuochi, notti, splendori« preist ihn Vasari3), als »mervelleux ä representer par la
peinture un feu vif et naturel« ebenso Guicciardini4).
DAS LEBEN
Was wir über das Leben des Künstlers wissen, ist bald erzählt. Er ist 1496 in Poperinghe
geboren, wohl als Sohn eines Maurers und selbst zuerst in diesem Handwerk aufgewachsen.
Man möchte annehmen, daß er durch viele Lehrstuben und Ateliers, durch die verschie-
densten Künste und Techniken durchgegangen sei; daß er das Handwerkliche in allen
Metiers gleichmäßig beherrschte, hat ihn später befähigt, Entwürfe für künstlerische Ar-
beiten auch in Techniken zu liefern, die an sich seinem Malergewerbe fern lagen. Er
war erst 23 Jahre alt, als er als freier Meister in die St. Lukasgilde in Brügge aufgenommen
wardS). In Brügge gehört der frühreife und bewegliche Maler bald zu den führenden
Geistern in der jüngeren Künstlergeneration. Er ist ein Hans in allen Gassen, steht offen-
bar vortrefflich mit den städtischen Behörden wie mit den großen Gilden und Brüder-
schaften; er bekleidet allerlei Würden und Ehrenämter in seiner Gilde, ist Sachverständiger
und Berater der Stadt- und der Justizbehörden bei den verschiedensten großen Unter-
nehmen, kommt frühzeitig auf dem Wege dieser Vielgeschäftigkeit zu Geld und Ver-
mögen, kann sich am Ende seines Lebens den Luxus von Stiftungen für öffentliche
Zwecke gestatten und stirbt dann, erst 62 jährig, im Jahr 15616). Seine eine Tochter hat er an
einen Tapissier vermählt, die andere an einen nachmals berühmten Maler, an Peter Pourbus.
’) Carei van Mander, Das Leben der niederländischen und deutschen Maler (Ausg. v. 1617),
herausgeg. v. H. Floerke, München 1906, I, S. 60. Vgl. De Bronnen van Carei van Mander, ed.
H. S. Greve, Haag 1903, p. 50. Die Charakteristik scheint mir von Vasari unabhängig zu sein.
2) Ant. Sanderus, Flandria illustrata, Coeln 1641, II, p. 195.
3) Vasari, Vite ed. Le Monnier XIII, p. 151.
4) Guicciardini, Description des Pays-Bas, ed. 1582, p. 151.
5) Ch. van den Haute, La Corporation des peintres de Bruges, Brügge o. J., bl. 62a: 1518
Lancelot Blondeel vrijmeester, als Schilder.
6) Die ältere Literatur vollständig aufzuführen, erübrigt sich, da sie in der Bibliographie im
Anhang von Pierre Bautier, Lancelot Blondeel, Brüssel 1910, p. 57, zusammengestellt ist. Die
Quellen sind mitgeteilt bei D. van den Casteele, Documents divers de la gilde de Saint-Luc ä
Bruges : Annales de la soc. d’emulation pour l’etude de l’histoire de la Flandre 1866, p. 259.
Vor allem aber sind die Arbeiten des ausgezeichneten W. H. James Weale zu nennen, der durch
ein halbes Jahrhundert der „toten Stadt“ seine Liebe und seine Arbeitskraft gewidmet hat und
der ein gut Teil dazu beigetragen hat, sie wieder lebendig zu machen. Vgl. Weale, Catalogue
du musee de l’academie de Bruges, Brügge 1861, p. 31. — Ders., Bruges et ses environs (1. Aus-
gabe Brügge 1875), p. 34 ff. — Ders., Lancelot Blondeel: Annales de la soc. d’emulation 1908,
p. 277, 373 (zugleich als Sonderdruck) mit Abdruck der Rechnungen und Protokolle. -— Ders.,
Lancelot Blondeel: Burlington Magazine 1908, p. 96, 160. Zu beachten noch die Notizen von

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