2C)O
REGESTEN
den eingegangenen Glasgemälden der Seitenschiffe entlehnten Wappen
und sonstigen farbigen Gläsern musivisch ausgefüllt waren. So gewiß es
ohne Zweifel ist, daß die in diesen Umrissen ursprünglich befindlichen
Wappen die der Stifter dieses Fensters gewesen, um so weniger war es
möglich, diese aus dem gegebenen Zustand des Inhalts dieser Umrisse
herauszufinden, als auch die Tradition hierüber vollkommen schwieg und
schon vor mehr als 100 Jahren (zur Zeit der ersten Erscheinung der
Frickschen Münsterbeschreibung) auch nicht eine Spur von Kenntniß der
Darstellungen der beiden Fenster Nr. 1 und IV, geschweige denn ihre
Stifter mehr übrig war. Um so mehr ist zu bedauern, daß auch der
Alterthumsverein nicht bestimmen kann, welche Wappen früher an dieser
Stelle gewesen. Uns aber blieb nichts übrig — wenn wir die Wappenschil-
der nicht geradezu weiß lassen wollten, was dem Begriff des Glasgemäl-
des widersprochen haben würde — und nichts schien gerechtfertigter, als
die Tücke mit einer dankenden Anerkennung gegen diejenigen aus Zufäl-
len, welchen nun überhaupt die Wiederherstellung der Chorfenster, so ins
Besondre die des Fensters Nr. I zil verdanken ist, und diese sind das
Land Würtemberg und die Stadt Ulm, um so mehr, als es sich nament-
lich bei diesen 8 Feldern, abgesehen von der durch die alten Bleirisse
gegebene Idee und Zeichnung, um eine vollständige Neuschöpfung handel-
te. Daß man aber in die gegebene alte Form der Wappenschilder nicht ein
modernes Wappen in moderner Form nehmen konnte, scheint aus stylisti-
schen Gründen selbstverständlich.
Ebenso selbstverständlich ist es wohl, daß ich mich nicht auf jeden
beliebigen Einfall und Angriff einlassen kann, namentlich auf einen
solchen, wie er, doch wohl aus der Mitte des Alterthumsvereins in einem
hiesigen Blatte hervorgegangen ist. Eine ehrliche und anständige öffentli-
che Kritik bei einem öffentlichen Wirken zu scheuen liegt übrigens ent-
fernt nicht in meiner Natur und so habe ich denn keinen Anstand
genommen, gerade die fraglichen Zeichnungen der kirchlichen Kunstaus-
stellung in Stuttgart einzuverleiben (s. hierüber Christliches Kunstblatt
Novbr. Nr. II. S. rßf) und beabsichtige, wie Euer Hochwohlgeboren
bekannt ist, seiner Zeit über die Gesamtrestauration der Glasgemälde
des Münsters ausführlicher das Nöthige im Interesse des Werständnisses
des Gesamtpublikums zu veröffentlichen, falls die (pekuniären) Mittel
dazu gegeben sind.
Hochachtungsvoll
Ulm, 21. Decbr. 1869. OStR. Dr. Haßler
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (93).
144 Ulm 1870 Febr. 22
Beschluß des Münsterbaukomitees, sich den Einwänden des
Altertumsvereins in Sachen Wappen Ulm und Württemberg im
Johannesfenster nicht zu beugen:
§. 163. In Betreff der Restauration des fohannesfensters und Einsetzung
des württembergischen Wappens in dasselbe (fr. §. 144) ist nunmehr die
von dem Alterthumsverein in Aussicht gestellte Vorstellung mittelst Zu-
schrift vom 18. pr. 20. Dezfr. v. J. eingelaufen.
Dieselbe wird verlesen und spricht sich dafür aus, daß wenn sich die
Restauration infrage nicht auf eine historische Grundlage stüzp, es wün-
schenswerth erscheinen müßte, wenn das Wappen nicht eingesezf worden
wäre, ja daß es wieder beseitigt werde.
Herr Oberstudienrath Dr. Haßler wiederholt in seiner schriftlichen
Aeußerung hierüber in der Hauptsache die von ihm schon in der Sizpng
vom 16. Dezbr. v. J. §.134 abgegebene Erklärung und rechtfertigt die
vom Alterthumsverein gerügte Wahl des alten württembergischen Wap-
pens damit, daß es schon aus stylistischen Gründen nicht zyläßig gewesen
wäre, das Wappen in moderner Form einzpsezen. Nach eingehender
Besprechung des Gegenstandes wird vom Comitepro majora beschloßen:
1., dem Kunst und Alterthumsverein den Bericht des Herrn Oberstu-
dienraths Dr. Haßler unter dem Anfügen mitzutheilen, daß sich das
Comite unter diesen Umständen nicht veranlaßt sehen könne, die Ent-
fernung des fraglichen Wappens aus dem Fenster anzuordnen;
2., wegen etwaiger Beifügung einer erläuternden Notiz slc^ Entschlie-
ßung vorzubehalten.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (92).
145 Ulm 1870 Mai 9
Der Münsterbeirat würdigt die bisherige Restaurierung der
Chorfenster und insbesondere die Verdienste Haßlers (Auszug
aus den Sitzungsprotokollen des Münsterbaukomitees):
Jf. 192. Auf wiederholte Einladung sind die Herrn Münsterbeiräthe hier
eingetroffen, um den Fortgang der Restaurationsarbeiten am Münster in
Augenschein zu nehmen.
y Etatsberathung.
d, bezüglich der Glasmalereien im Chor, wofür 3.000 fl. vorgesehen sind,
sprachen sich die Herrn Beiräthe über die seitherige Restauration sehr
befriedigend aus; es lasse sich, was das beste Zeugnißfür eine Restaura-
tion sei, in den beiden mittleren Fenstern das Restaurirte von dem Alten
nicht unterscheiden, wenn dieß auch bei dem bereits vollendeten nördli-
chen Fenster weniger der Fall, so sei zu berücksichtigen, daß die alten
Theile durch den SchmutZj der sich im Laufe der Jahrhunderte angesezj,
einen anderen FarbenEffekt geben, als die neuen, an welche sich aber
gleichfalls mit der Zeit eine Patina ansezf so daß sich das Restaurirte
von dem Alten nicht mehr werde unterscheiden lassen.
Die Herrn Beiräthe halten es für ihre Schuldigkeit hier auszusprechen,
daß sich Herr Oberstudienrath Dr. Haßler durch die Leitung der mit
ungemeinen Schwierigkeiten und außerordentlicher Mühe verbundenen
Restauration ein ganz besonderes Verdienst erworben habe.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (88).
146 Ulm 1870 Mai 9
Abschluß der Restaurierung am Weberfenster. Da mit dem Me-
daillonfenster aufgrund fehlender Kartons noch nicht begon-
nen werden kann, sollen zunächst die Fenster über dem West-
portal restauriert werden (Auszug aus den Sitzungsprotokollen
des Münsterbaukomitees):
§-iyy Herr Oberstudienrath Dr. Haßler ZPV Beziehung auf den
Fortgang der Restaurationsarbeiten an den Glasmalereien im Chor an,
daß das s.g. Weberfenster (fes vom Johannesfenster an) nunmehr fertig
sei; die unteren 12 Tafeln müßen noch eingesezj werden.
Mit der Restauration des 6len und lezten Fensters könne noch nicht
begonnen werden, da die Cartons hiezu noch nicht fertig seien.
Um aber inzwischen den Glasmaler Kellner zu beschäftigen, schlage er
vor, die Glasmalereien an den Fenstern des Hauptportals, welche jeden-
falls auch hergestellt werden sollten, restauriren zy lassen. Der Preis
würde sich nach Maasgabe der Ansäze, welche für die übrigen Fenster
gemacht worden, auf 94g fl. stellen (4 fl. für den □' und für neuherzu-
stellende Theile das doppelte).
Kellner sei aber bereit, die Restauration um 900 fl. unter den Bedingun-
gen, wie sie seither bei der Chorfenster Restauration gestellt worden,
auszuführen.
Beschluß: dieses Anerbieten anzunehmen, vorbehaltlich des Abschlußes
eines schriftlichen Accords.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (89).
REGESTEN
den eingegangenen Glasgemälden der Seitenschiffe entlehnten Wappen
und sonstigen farbigen Gläsern musivisch ausgefüllt waren. So gewiß es
ohne Zweifel ist, daß die in diesen Umrissen ursprünglich befindlichen
Wappen die der Stifter dieses Fensters gewesen, um so weniger war es
möglich, diese aus dem gegebenen Zustand des Inhalts dieser Umrisse
herauszufinden, als auch die Tradition hierüber vollkommen schwieg und
schon vor mehr als 100 Jahren (zur Zeit der ersten Erscheinung der
Frickschen Münsterbeschreibung) auch nicht eine Spur von Kenntniß der
Darstellungen der beiden Fenster Nr. 1 und IV, geschweige denn ihre
Stifter mehr übrig war. Um so mehr ist zu bedauern, daß auch der
Alterthumsverein nicht bestimmen kann, welche Wappen früher an dieser
Stelle gewesen. Uns aber blieb nichts übrig — wenn wir die Wappenschil-
der nicht geradezu weiß lassen wollten, was dem Begriff des Glasgemäl-
des widersprochen haben würde — und nichts schien gerechtfertigter, als
die Tücke mit einer dankenden Anerkennung gegen diejenigen aus Zufäl-
len, welchen nun überhaupt die Wiederherstellung der Chorfenster, so ins
Besondre die des Fensters Nr. I zil verdanken ist, und diese sind das
Land Würtemberg und die Stadt Ulm, um so mehr, als es sich nament-
lich bei diesen 8 Feldern, abgesehen von der durch die alten Bleirisse
gegebene Idee und Zeichnung, um eine vollständige Neuschöpfung handel-
te. Daß man aber in die gegebene alte Form der Wappenschilder nicht ein
modernes Wappen in moderner Form nehmen konnte, scheint aus stylisti-
schen Gründen selbstverständlich.
Ebenso selbstverständlich ist es wohl, daß ich mich nicht auf jeden
beliebigen Einfall und Angriff einlassen kann, namentlich auf einen
solchen, wie er, doch wohl aus der Mitte des Alterthumsvereins in einem
hiesigen Blatte hervorgegangen ist. Eine ehrliche und anständige öffentli-
che Kritik bei einem öffentlichen Wirken zu scheuen liegt übrigens ent-
fernt nicht in meiner Natur und so habe ich denn keinen Anstand
genommen, gerade die fraglichen Zeichnungen der kirchlichen Kunstaus-
stellung in Stuttgart einzuverleiben (s. hierüber Christliches Kunstblatt
Novbr. Nr. II. S. rßf) und beabsichtige, wie Euer Hochwohlgeboren
bekannt ist, seiner Zeit über die Gesamtrestauration der Glasgemälde
des Münsters ausführlicher das Nöthige im Interesse des Werständnisses
des Gesamtpublikums zu veröffentlichen, falls die (pekuniären) Mittel
dazu gegeben sind.
Hochachtungsvoll
Ulm, 21. Decbr. 1869. OStR. Dr. Haßler
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (93).
144 Ulm 1870 Febr. 22
Beschluß des Münsterbaukomitees, sich den Einwänden des
Altertumsvereins in Sachen Wappen Ulm und Württemberg im
Johannesfenster nicht zu beugen:
§. 163. In Betreff der Restauration des fohannesfensters und Einsetzung
des württembergischen Wappens in dasselbe (fr. §. 144) ist nunmehr die
von dem Alterthumsverein in Aussicht gestellte Vorstellung mittelst Zu-
schrift vom 18. pr. 20. Dezfr. v. J. eingelaufen.
Dieselbe wird verlesen und spricht sich dafür aus, daß wenn sich die
Restauration infrage nicht auf eine historische Grundlage stüzp, es wün-
schenswerth erscheinen müßte, wenn das Wappen nicht eingesezf worden
wäre, ja daß es wieder beseitigt werde.
Herr Oberstudienrath Dr. Haßler wiederholt in seiner schriftlichen
Aeußerung hierüber in der Hauptsache die von ihm schon in der Sizpng
vom 16. Dezbr. v. J. §.134 abgegebene Erklärung und rechtfertigt die
vom Alterthumsverein gerügte Wahl des alten württembergischen Wap-
pens damit, daß es schon aus stylistischen Gründen nicht zyläßig gewesen
wäre, das Wappen in moderner Form einzpsezen. Nach eingehender
Besprechung des Gegenstandes wird vom Comitepro majora beschloßen:
1., dem Kunst und Alterthumsverein den Bericht des Herrn Oberstu-
dienraths Dr. Haßler unter dem Anfügen mitzutheilen, daß sich das
Comite unter diesen Umständen nicht veranlaßt sehen könne, die Ent-
fernung des fraglichen Wappens aus dem Fenster anzuordnen;
2., wegen etwaiger Beifügung einer erläuternden Notiz slc^ Entschlie-
ßung vorzubehalten.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (92).
145 Ulm 1870 Mai 9
Der Münsterbeirat würdigt die bisherige Restaurierung der
Chorfenster und insbesondere die Verdienste Haßlers (Auszug
aus den Sitzungsprotokollen des Münsterbaukomitees):
Jf. 192. Auf wiederholte Einladung sind die Herrn Münsterbeiräthe hier
eingetroffen, um den Fortgang der Restaurationsarbeiten am Münster in
Augenschein zu nehmen.
y Etatsberathung.
d, bezüglich der Glasmalereien im Chor, wofür 3.000 fl. vorgesehen sind,
sprachen sich die Herrn Beiräthe über die seitherige Restauration sehr
befriedigend aus; es lasse sich, was das beste Zeugnißfür eine Restaura-
tion sei, in den beiden mittleren Fenstern das Restaurirte von dem Alten
nicht unterscheiden, wenn dieß auch bei dem bereits vollendeten nördli-
chen Fenster weniger der Fall, so sei zu berücksichtigen, daß die alten
Theile durch den SchmutZj der sich im Laufe der Jahrhunderte angesezj,
einen anderen FarbenEffekt geben, als die neuen, an welche sich aber
gleichfalls mit der Zeit eine Patina ansezf so daß sich das Restaurirte
von dem Alten nicht mehr werde unterscheiden lassen.
Die Herrn Beiräthe halten es für ihre Schuldigkeit hier auszusprechen,
daß sich Herr Oberstudienrath Dr. Haßler durch die Leitung der mit
ungemeinen Schwierigkeiten und außerordentlicher Mühe verbundenen
Restauration ein ganz besonderes Verdienst erworben habe.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (88).
146 Ulm 1870 Mai 9
Abschluß der Restaurierung am Weberfenster. Da mit dem Me-
daillonfenster aufgrund fehlender Kartons noch nicht begon-
nen werden kann, sollen zunächst die Fenster über dem West-
portal restauriert werden (Auszug aus den Sitzungsprotokollen
des Münsterbaukomitees):
§-iyy Herr Oberstudienrath Dr. Haßler ZPV Beziehung auf den
Fortgang der Restaurationsarbeiten an den Glasmalereien im Chor an,
daß das s.g. Weberfenster (fes vom Johannesfenster an) nunmehr fertig
sei; die unteren 12 Tafeln müßen noch eingesezj werden.
Mit der Restauration des 6len und lezten Fensters könne noch nicht
begonnen werden, da die Cartons hiezu noch nicht fertig seien.
Um aber inzwischen den Glasmaler Kellner zu beschäftigen, schlage er
vor, die Glasmalereien an den Fenstern des Hauptportals, welche jeden-
falls auch hergestellt werden sollten, restauriren zy lassen. Der Preis
würde sich nach Maasgabe der Ansäze, welche für die übrigen Fenster
gemacht worden, auf 94g fl. stellen (4 fl. für den □' und für neuherzu-
stellende Theile das doppelte).
Kellner sei aber bereit, die Restauration um 900 fl. unter den Bedingun-
gen, wie sie seither bei der Chorfenster Restauration gestellt worden,
auszuführen.
Beschluß: dieses Anerbieten anzunehmen, vorbehaltlich des Abschlußes
eines schriftlichen Accords.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (89).