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Archäologisches Institut <Heidelberg> / Sammlung Antiker Kleinkunst [Hrsg.]; Gropengiesser, Hildegund [Hrsg.]; Dally, Ortwin [Bearb.]
Katalog der Sammlung Antiker Kleinkunst des Archäologischen Instituts der Universität Heidelberg (Band 7): Die Architekturfragmente aus Terrakotta und Kalkstein — Mainz am Rhein, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.29982#0059
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Die charakteristische Form der Sima mit Pseudo-Löwenkopfwasserspeiern, die unterhalb
der Traufziegel vor die Hängeschürze appliziert sind, ist von einer Reihe von Dächern aus
Paestum, Metapont und Kroton bekannt. Es handelt sich um die sog. Baldachindachhäute208, als
deren bislang frühestes bekanntes Beispiel die Dachhaut der sog. Basilika in Paestum (ca.
530-510 v. Chr.) gelten kann209. Die meisten Vertreter des Typs sind im letzten Viertel des
6. Jhs. v. Chr. bzw. um die Wende vom 6. zum 5. Jh. v. Chr. entstanden. In diesen Zeitraum
dürfte auch das Heidelberger Fragment zu datieren zu sein: Der Löwenkopf mit seinen kugeli-
gen Augen, dem spitz zulaufenden Maul und der flach anliegenden Mähne mit parallel zuein-
ander angeordneten Haarsträhnen entspricht typologisch und stilistisch denjenigen der sog.
Basilika in Paestum sowie an einigen Simafragmenten aus Metapont und Tarent210.

8 Fragment eines tarentinischen (?) Trauf(flach)ziegels Taf. 3,3-4; Beil. 1,5
Inv. TK 330.

H 5,7 cm. B 25,8 cm. T 3,5 cm.

Ton: hellbeige, fein gemagert (HUE 7.5YR 8/1).

Ringsum versintertes Fragment. In der Mitte gebrochen und wieder geklebt. Links ein kleines Fragment eben-
falls modern angeklebt. Farbe nur noch schwach erhalten und größtenteils abgeplatzt.

Lit.: unpubliziert.

Das Fragment Inv. TK 330 ist mit Ausnahme der Stirnseite ringsum gebrochen. Es besitzt eine
geglättete Stirnseite, die mit einem einreihigen Rapport aus Sternrosettenfeldern und einem
linksläufigen Mäander bemalt ist. Die einzige vollständig erhaltene Rosette mit rotem Mittel-
punkt ist weiß wiedergegeben und schwarz umrandet, der schwarze Mäander auf einen weißen
Grund aufgetragen. An die Stirnseite schloß sich die gleichfalls geglättete Oberseite des Zie-
gels an, die noch im Ansatz zu erkennen ist. Hier haben sich weiße Farbreste erhalten. In die
horizontal zurückgewinkelte Unterseite ist ein Zapfloch eingetieft. Der Steg, der unten auf die
Stirnleiste folgt, trägt ebenfalls einen weißen Überzug.

Der Rapport aus Sternrosettenfeldern und Mäandern darf in der beschriebenen Ausprägung
als ein Charakteristikum von Architektur-Terrakotten aus Paestum, Metapont oder Tarent

208 Zu sog. Baldachindachhäuten zusammenfassend: Mertens-Horn 131 ff.; Mertens 93. 149; Winter 285 f. - Speziell
zu sog. Baldachindachhäuten aus Tarent: G. Andreassi in: Atti 10. CMGr 1970 (1971) 416 Taf. 66, 1; ders., RM 79,
1972, 171 Anm. 9. 10; Mertens-Horn 141; Viola a. O. 165. 167 Anm. 97. - Die Dachform ist auch auf einheimi-
schem Gebiet nachgewiesen. Vgl. den Überrest einer sog. Baldachinsima aus Gravina di Puglia (Peuketien):
M. Broughton - A.J.N.W. Prag - A.M. Small in: A.M. Small (Hrsg.), Gravina. An Iron Age and Republican
Settlement in Apulia II. Artefacts, 5. Archaeological Monographs of the British School at Rome (1992) 205
Nr. 1621 Taf. 18; C. Greiner, Die Peuketia. Kultur und Kulturkontakte in Mittelapulien vom 8. bis 5. Jh.v. Chr.,
Ausgrabungen und Forschungen 2 (2003) 88.

209 Mertens-Horn 132 ff. Kat. 48 Taf. 57 c. d; Kat. 49 Taf. 1. 58-65; M.L. Viola in: IGO 167 Anm. 96. - Zur Dat. des
Tempels und des Daches s. Mertens 87 ff. und Viola ebenda. - Zu dem Tempel vgl. zuletzt R. de Zwarte, BABesch
77, 2002, 9 ff. (mit problematischen Thesen zu den Maßen des Baus). - Vgl. auch eine weitere sog. Baldachinsima
aus Paestum: Gasparri a.O. 70 f. - Vgl. Kat. 12.

210 Pseudo-Löwenkopfwasserspeier von der Dachhaut der sog. Basilika in Paestum: Mertens-Horn 133 ff. 198 Nr. 49
Taf. 58-65; Mertens 39 ff. Abb. 29. 30. 32. 45. 46. 48. 49 Taf. 34. 35. - Sima Tarent, Museo Archeologico Nazionale
Inv. 12883: Viola a.O. Abb. S. 164.

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