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Archäologisches Institut <Heidelberg> / Sammlung Antiker Kleinkunst [Editor]; Gropengiesser, Hildegund [Editor]; Dally, Ortwin [Oth.]
Katalog der Sammlung Antiker Kleinkunst des Archäologischen Instituts der Universität Heidelberg (Band 7): Die Architekturfragmente aus Terrakotta und Kalkstein — Mainz am Rhein, 2006

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.29982#0118
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Wiederholt wurde darauf hingewiesen, daß die Beigabenensembles in der Tarentiner Nekro-
pole im Verlaufe der 2. Hälfte des 4. und des gesamten 3. Jhs. v. Chr. gleichsam normiert waren
und größtenteils aus seriell produzierten Artefakten bestanden. Signifikante Veränderungen
lassen sich erst um die Wende vom 3. zum 2. Jh. v. Chr. beobachten. Das bis dahin belegte Bei-
gabenset, bestehend aus Oinochoe und zweihenkeligem Schälchen, wurde aufgegeben. Die
gleichmäßig angelegten Fossagräber verloren an Bedeutung, quantitativ nahmen die Kammer-
gräber und die sog. Halbkammergräber zu53S. Ab dem mittleren 2. Jh. v. Chr. fehlt die bemalte
Keramik völlig536. Im 1. Jh. v. Chr. wurden Urnengräber zur vorherrschenden Bestattungsform
und ältere Grabanlagen z.T. für die Aufnahme von Urnen genutzt. Cippi markierten einen Teil
der Gräber. Anstelle der lange Zeit gebräuchlichen Körperbestattungen finden sich jetzt Brand-
bestattungen537.

Datierung und Typologie der tarentinischen Grabbauten

Fragmente von Semata und Naiskoi aus Tarent, die zum Teil schon im späten 19. Jahrhundert
entdeckt wurden, gelangten über den Kunsthandel in diverse europäische Museen538; der Groß-
teil lagert jedoch in den Magazinen des Tarentiner Nationalmuseums.

E. Lippolis hat insgesamt 960 Fragmente katalogisiert, die von diesen Grabmälern zeugen. Trotz
ihres fragmentarischen Erhaltungszustandes kann Lippolis mittlerweile neun Typen von Semata aus
Kalkstein benennen, die ihrerseits in Untergruppen zerfallen539: Pilaster mit flachem Abschluß oder
Giebel540, Stelen (ohne Relief und mit Giebel541, mit Anthemien542, mit Relief, mit Relief und

535 E. Lippolis in: Katalog Tarent 62 ff.; Graepler 45. - Zu dieser Zeit vollzieht sich auch bei den Beigaben ein entschei-
dender Wandel. Die bis dahin übliche Kombination Oinochoe/zweihenkeliges Schälchen wird ebenso wie die
bemalte Keramik aufgegeben. - Vgl. Graepler 119 ff. (Phase D); 129 ff. (Phase E); Hempel a.O. 24. 29 ff.

536 Vgl. Anm. 535. - Vgl. auch Hempel a.O. passim.

537 Vgl. E. Lippolis in: Katalog Tarent 62 ff.; G.A. Maruggi ebenda 85 f. Abb. 62-64; A. D’Amicis ebenda 169 f. Abb.
150-157; Graepler 45; F. Colivicchi, Alabastra tardo-ellenistici e romani dalla necropoli di Taranto: materiali e
contesti, Catalogo del Museo Nazionale Archeologico di Taranto III 2 (2001) 30; Hempel a. O. 79 f. - Zu den Cippi
vgl. P. Pensabene, RM 82, 1975, 263 ff.; A. D’Amicis in: Via Appia, Ausstellungskatalog Rom (1997) 111 mit
Abb. (Tarent, Museo Archeologico Nazionale Inv. 3942); 113 mit Abb. (Tarent, Museo Archeologico Nazionale
Inv. 51633); G.A. Maruggi ebenda 112 mit Abb. (Tarent, Museo Archeologico Nazionale Inv. 51632).

538 Größere Sammlungen werden in den Museen von Tübingen, Heidelberg, Amsterdam und Triest aufbewahrt. -
Der Begriff tö ai)(ra ist seit Homer für die Bezeichnung von Grabbauten verwendet worden. Seit dem 6. Jh. v. Chr.
wird er in den erhaltenen epigraphischen und literarischen Zeugnissen allmählich durch den Begriff tö pvf|(ia
ersetzt. Vgl. F. Eichler, AM 39, 1914, 138 ff.; H. Häusle, Einfache und frühe Formen des griechischen Epigramms,
Commentationes Aenipontanae 25 (1979) 86 ff.; H.G. Niemeyer, SEMATA. Über den Sinn griechischer Standbil-
der (1996) 15 f. mit Anm. 16-18.

539 E. Lippolis in: Katalog Tarent 126 Tabelle 1. - Vgl. auch Barbagli - Cavalieri 446 ff.

540 Lippolis a.O. 26 Tabelle 1 A.l.

541 Tarent, Giardini Peripato: E. Lippolis in: Gräberstraßen 147 Taf. 15 b.

542 Stele des Histeios, Tarent, Museo Archeologico Nazionale: B. Neutsch, AA 1956, 236 f. Abb. 29; SEG XIX, 620;
M. Guarducci, Epigrafia greca I (1967) 290 f.; E. Lippolis in: Gräberstraßen 145 Taf. 14 d; ders. in: Katalog Tarent
114 Abb. 80. - Stele Tarent, Museo Archeologico Nazionale: E. Lippolis in: Gräberstraßen 145 Taf. 14 c; ders. in:
IGO Abb. S. 495. - Weitere Frgte. in Tarent und Bari: Lippolis 386 Gruppe I; ders. in: Katalog Tarent 114. Laut
E. Lippolis stammt eine qualitätvolle Stele aus Velia (W. Johannowsky, AttiMemMagnaGr 18-20, 1977-79,
189 ff.) möglicherweise aus derselben Werkstatt.

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